31. Juli 2004

Tagsüber habe ich den Fahrweg durch den Ilderwald frei geschnitten. Jetzt kommt der Landcruiser wieder durch ohne anzustreifen. Während der Mittagsrast auf dem Hochsitz hat der eng gestellte Bock mit der schwachen Vereckung unvermutet die Fläche gequert und ist nahe dem Sitz eingezogen. Plötzlich ist er mir älter erschienen, als ich ihn gestern abend angesprochen habe.

Gegen 1900 Uhr erklimme ich den Sitz, lehne die Büchse ins Eck, streife den Rucksack ab - da zieht der Bock wenige Meter entfernt aus und taucht nach einigen Sprüngen im Meer der Sonnenblumen unter. Verärgert lasse ich die Hoffnung auf sein Wiederkommen fahren und entschließe mich, weiter unten am Fünfer anzusitzen. Dort hat Claus letzte Woche einen dreiläufigen Bock gesichtet. Der müßte erlegt werden.

Der Dreiläufige taucht nicht auf. Dafür bummelt nach einer Stunde der vergrämte Bock über die abgeerntete Gerste. Nun gibt er mir Zeit, ihn durch das Zielfernrohr zu mustern. Die Stangen scheinen an der Basis nicht stärker als oberhalb. Auch der schlanke Träger und das unbekümmerte Verhalten deuten nicht auf einen alten, zurückgesetzten Bock. Erneut spreche ich ihn als jungen Spießer an, der auf einen Sechser blendet und stelle die Büchse ab. - Später beobachte ich zwei Geißen, eine davon mit Kitz. Die beiden Damtiere vom Vortag lassen sich ebensowenig blicken wie das Kahlwildrudel.

Im letzten Büchsenlicht erscheint ein prächtiger junger Gabler mit dunklem Gesicht. Gebannt äugt er zum Rand des Sonnenblumenfeldes. Eine Geiß tritt aus, wirft einen achtlosen Blick auf den Jungen und beginnt zu äsen. Zögernd macht er einige Schritte auf sie zu. Sie wirft auf und zieht weiter. Er bleibt stehen. Sie auch. Er setzt sich in Bewegung. Sie auch. Er verharrt. Sie auch. In diesem Wechselspiel zieht sie ihn hinter sich her, bis sie und er aus meinem Blickfeld schwinden. - Was Jäger "Treiben" nennen ist die Projektion einer männlichen Illusion.

Schon will ich abbaumen, da trollt der Junge entlang der Remise wieder heran. Zum Beschlag scheint er nicht gekommen zu sein. Entsetzt springt er plötzlich zur Seite und flüchtet ins Dunkle. Er ist vor dem Aufbruch zurückgeschreckt, den ich gestern für den Fuchs habe liegen lassen. Wäre die Decke des etwa dreijährigen Bockes nicht so glanzlos und mißfärbig gewesen, wie auf dem Bild zu sehen, hätte ich ihn geschont.

Beim Aufbrechen freilich waren weder Rachenbremsen, Dasselllarven noch sonstige Parasiten festzustellen. Dennoch hat der Fuchs den Aufbruch verschmäht.

Als ich zurück zum Jagdhaus gehe, ist über dem Ilderwald der Vollmond aufgegangen.


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