26. 9. 2010   Münchhausen auf Elchjagd  
       

Es wird nie so viel gelogen wie vor der Wahl, während des Krieges und nach der Jagd

Bismarck

Müchhausen erzählt

Einst, als ich all mein Blei verschossen hatte, stieß mir ganz wider mein Vermuten der stattlichste Hirsch von der Welt auf. Er blickte mir so mir nichts dir nichts ins Auge, als ob ers auswendig gewußt hätte, daß mein Beutel leer war.

Augenblicklich lud ich indessen meine Flinte mit Pulver und darüberher eine ganze Handvoll Kirschsteine, wovon ich, so hurtig sich das tun ließ, das Fleisch abgesogen hatte. Und so gab ich ihm die volle Ladung mitten auf seine Stirn zwischen das Geweihe.

Der Schuß betäubte ihn zwar, er taumelte, machte sich aber doch aus dem Staube.

Ein oder zwei Jahre darnach war ich in eben demselben Walde auf der Jagd; und siehe, zum Vorschein kam ein stattlicher Hirsch, mit einem vollausgewachsenen Kirschbaume, mehr denn zehn Fuß hoch, zwischen seinem Geweihe.

Mir fiel gleich mein voriges Abenteuer wieder ein; ich betrachtete den Hirsch als mein längst wohlerworbenes Eigentum und legte ihn mit einem Schusse zu Boden, wodurch ich denn auf einmal an Braten und Kirschtunke zugleich geriet.

Denn der Baum hing reichlich voll Früchte, die ich in meinem ganzen Leben so delikat nicht gegessen hatte.

Ein anderes Mal stieß mir in einem ansehnlichen Walde von Russland ein wunderschöner schwarzer Fuchs auf. Es wäre jammerschade gewesen, seinen kostbaren Pelz mit einem Kugel- oder Schrotschusse zu durchlöchern.

Herr Reineke stand dicht bei einem Baume. Augenblicklich zog ich meine Kugel aus dem Laufe, lud dafür einen tüchtigen Brettnagel in mein Gewehr, feuerte und traf so künstlich, daß ich seine Lunte fest an den Baum nagelte.

Nun ging ich ruhig zu ihm hin, nahm mein Weidmesser, gab ihm einen Kreuzschnitt übers Gesicht, griff nach meiner Peitsche und karbatschte ihn so artig aus seinem schönen Pelze heraus, daß es eine wahre Lust und ein rechtes Wunder zu sehen war.

...

Ebenso schoß mir ein anderes Mal unversehens ein fürchterlicher Wolf so nahe auf den Leib, daß mir nichts weiter übrigblieb, als ihm, dem mechanischen Instinkt zufolge, meine Faust in den offenen Rachen zu stoßen. Gerade meiner Sicherheit wegen stieß ich immer weiter und weiter und brachte meinen Arm beinahe bis an die Schulter hinein.

Was war aber nun zu tun? ­ Ich kann eben nicht sagen, daß mir diese unbehilfliche Situation sonderlich anstand. ­ Man denke nur, Stirn gegen Stirn mit einem Wolfe! ­ Wir äugelten uns eben nicht gar lieblich an. Hätte ich meinen Arm zurückgezogen, so wäre mir die Bestie nur desto wütender zu Leibe gesprungen.

So viel ließ sich klar und deutlich aus seinen flammenden Augen herausbuchstabieren. Kurz, ich packte ihn beim Eingeweide, kehrte sein Äußeres zu innerst, wie einen Handschuh, um, schleuderte ihn zu Boden und ließ ihn da liegen.

Gottfried August Bürger Wunderbare Reisen zu Wasser und zu Lande, Feldzüge und lustige Abenteuer des Freiherrn von Münchhausen, wie er dieselben bei der Flasche im Zirkel seiner Freunde selbst zu erzählen pflegt.

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Das Dorf, in dem wir einquartiert sind, liegt knapp 400 Kilometer nördlich von Moskau. Zu dritt teilen wir uns den kleinen Schlafraum. Er liegt im lieblosen Anbau eines alten Holzhauses.

Die Mahlzeiten nehmen wir im Altbau ein, beheizt von einem gemauerten, weiß gekalkten Ofen, dessen Wärme wir am Abend schätzen.

Untertags ist es sonnig und warm. Zu warm für die Elchjagd. G. hat am ersten, kühlen Morgen zwei Bullen von Ferne zu Gesicht bekommen. Das bleibt eine Ausnahme. Auf unseren Pirschgängen hören wir Elche nur manchmal rufen oder Äste brechen, aber keiner läßt sich herauslocken.

Die Rufjagd auf den Elch in diesem Revier sei bisher zu "100 Prozent erfolgreich" verlaufen. Wir würden auf jeden Fall zu Schuss kommen, hat der Veranstalter versichert.

Unsere Pirschführer geben sich Mühe. Täglich streifen wir acht bis zehn Kilometer durch das weitläufige, bewaldete Revier. Um 0330 Uhr werden wir geweckt. Gegen 2200 Uhr kehren wir von der Abendpirsch zurück.

Zwischendurch essen und schlafen wir und nutzen täglich die Banja, die Sauna, das Badehaus im Hinterhof.

Sieben Jagdtage haben wir gebucht. Wir fahren jeden Tag mit uralten, jedoch ungemein geländegängigen Militärfahrzeugen durch Schlamm und Wasserlöcher, waten durch hüfthohes Gras, schleichen durch Buschwerk und Wald und klauben uns ununterbrochen Hirschläuse aus dem Nackenhaar.

Ab dem vierten Jagdtag ergänzt der Provodnik, der Jagdführer, die Pirsch durch Drückjagden. G. hat Jagdglück und schießt mit einer Merkel Helix auf 100 Meter einen Elch. Der Zehn-Ender wird an Ort und Stelle aus der Decke geschlagen, aufgebrochen und zerwirkt.

Unsere eigenen Gewehre durften wir nicht einführen. Das sei nicht schlimm, hat der Veranstalter uns beruhigt. Mit "guten Gewehren vor Ort" würden wir auf "20 - 30 Meter Distanz" schießen. Wir müßten lediglich "schnell sein".

Die mir zugeteilte Büchse ist führig, russischen Ursprungs, hat Kaliber .308, verfügt allerdings nur über ein lichtschwaches Zielfernrohr ohne wirksamen Dioptrieausgleich. Bis auf eine Schussweite von 100 Metern scheint sie nützlich.

Nach 14 Ausgängen, fünf Drückjagden und 100 bis 150 Rufen meiner Pirschführer steht fest: Der einzige Bulle, den ich zu Gesicht bekommen habe, ist der Elch, den G. erlegt hat. A. hat beim letzten Ausgang im Nachtsichtgerät einen Bullen gesehen, aber nicht geschossen.

Von V., einem älteren Pirschführer, erfahren wir schließlich, dass die meisten Elche im Dezember von Motorschlitten aus erlegt und auf der Rufjagd im Herbst die wenigsten geschossen werden.

Vor der Abreise macht uns ein anderer Pirschführer das Angebot, ein Geweih zu kaufen. Ich halte das für einen Witz und lehne lachend ab. A. hingegen fängt Feuer und meint, er werde nicht erneut erfolglos von einer Elchjagd zurückkehren. Er kauft die Schaufeln eines ungeraden 12-Enders.

Im Flugzeug sitzt A. hinter mir. Ich höre, wie er seinem Nachbarn erzählt, dass er nun zum zweiten Mal auf Elchjagd gewesen sei und es "diesmal geklappt" habe.

Ein paar Tage später mailt G. mir amüsiert und befremdet zugleich, A. habe auch seine Frau belogen und erzähle "überall umher, unter welch schweren, an körperliche Grenzen gehenden Umständen er seinen Elch geschossen" habe.

 

Horrido!