12. Oktober 2004

[Tennalm/Karbach] Braune Buchenblätter tanzen in Scharen vor mir im Fahrtwind von Walters Pajero. Forsch fährt er den Forstweg voraus. Vom Hoisn weg folge ich ihm von Kurve zu Kurve schon mehr als zehn Kilometer. Zunächst bergauf fast bis zur Mair-Alm, dann tief hinab zum Karbach, jetzt wieder in Serpentinen bergauf.

Über zwanzig Gamstrophäen und eine Junghirsch-Krone zieren die fichtenvertäfelte Stube. Ein grüner Kachelofen, die Eckbank, ein Schrank, eine Truhe. Im Nebenraum die Schlafstätte des Jagdherrn und über der Treppe zwei weitere Räume mit vier behaglichen Betten für Gäste. Elektrisches Licht aus einer Voltaikanlage. Waschbecken. Klo mit Spülung. Unerwarteter Komfort.

Rasch ziehe ich mich um, dann gehts mit dem Pajero weiter. Auf etwa 1000 Meter hält Walter in einer Felsnische. Es ist ein wunderbar klarer Spätnachmittag. Nordwestlich aus ungewohnter Perspektive die Silhoutte des Traunsteins mit der Hütte und dem Gipfelkreuz, westlich der Solvay-Steinbruch und gegen Osten der Blick ins Revier des Prinzen von Hannover. In einer halben Stunde etwa werden wir zu Fuß unser Ziel, den "Geheimsitz" erreichen.

Der Wind steht günstig, die untergehende Sonne erschwert die Sicht auf den steilen Gegenhang. Im verengten Blickfeld des Glases ist die Salzlecke aber gut ausnehmbar, locker umstanden von Lärchen und Bergahorn. 140 Meter Luftlinie, verrät der Entfernungsmesser. Ich lade durch und lege versuchsweise an. Gute Auflage, nur das Sitzbrett hätte ich gern vorgezogen. Leider ist es fixiert.

Walter ermuntert mich, die Wartezeit durch den Genuß einer Hirschwurst und eines Weckerls zu verkürzen. Mein Hunger ist groß, die Wurst schmeckt ausgezeichnet. Unsere Blicke schweifen vom Steilhang zur Wand über der Tennalm und zurück. Was dem freien Auge als das ersehnte Wild anmutet, erklärt das angehobene Glas aber zum Stock mit einem länger gewordenen Schatten oder zu einem Stück Fels, das im Abendrot die Farbe gewechselt hat.

Da! Der Gamsbock kommt gegen den Wind hinter den Lärchen. Ich mache Walter auf ihn aufmerksam. Als der Bock sich aus der Deckung schiebt, gibt er ihn frei. Der Bock verhofft. Äugt. Wittert. Zu spitz. Ich warte. Nach zwei weiteren Schritten steht er breit.

Auf den Schuss fährt er eine Körperlänge vor, bricht zusammen und kollert ohne weitere Regung den Grashang hinunter.

Es ist ein dreijähriger, im Wildbret starker Bock mit Schmuckringen an der Krucke.

Am Abend erzählen Walter und sein Jäger, wie Kaiser Franz Josef von Ebensee her mit dem Boot kommend hier gejagt hat. Mangels Forststraßen sind Reitwege für ihn angelegt worden. Wo die Pferde vom Gelände überfordert waren, kam eine Sänfte zum Einsatz. Bis zu 200 Treiber haben dem Kaiser die Gams vor die Büchse getrieben.

Hundert Jahre später sieht der Abschußplan für das 1600 Hektar umfassende Revier 84 Stück Gams-, Rot- und Rehwild vor.


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