Späte, vergebliche Einsicht

23.09. 2016

Steigende Querfinanzierung durch Arbeitsmarktservice und Familienfonds hilft Regierung und Sozialminister beim Kaschieren des Bundeszuschusses zu den Pensionen. Die Neos kritisieren ein "Verschleiern" der Probleme

ist in der "Presse" vom 23. September 2016 zu lesen.

Wer um die Möglichkeiten und Grenzen arbeitsmarktpolitischer Interventionen weiß, musste - je nach Temperament - empört sein oder resigniert den Kopf schütteln, als die politischen Verantwortungsträger für das AMS Österreich ab 2012 die Schienen für diese Entwicklung gelegt haben (vergleiche dazu meine Anmerkungen vom 15. 6. 2015 und vom 5. 2. 2016).

Die Umschichtung von Ressourcen des AMS zur Verschleierung erforderlicher Reformen in der Pensionspolitik geht zu Lasten aktiver Arbeitsmarktpolitik. Angesichts der massiven Qualifikationsdefizite arbeitsloser Personen - nicht zuletzt all jener mit Migrationshintergrund - war und ist diese Prioritätensetzung der Entscheidungsträger mehr als kurios.

Die verqueren Kompromisse der Sozialpartner zu Lasten aktiver Arbeitsmarktpolitik haben die Arbeitslosigkeit in den letzten Jahren höher steigen und länger dauern lassen, als der Markt es erzwingt.

Die Verantwortungsträger freilich schreiben auch den Anteil am Anstieg der Arbeitslosigkeit, vor allem den Anstieg der Langzeitarbeitslosigkeit älterer Personen, der ihrer Politik geschuldet ist, dem Markt zu. Die Medien schlucken das, weil sich kaum jemand aus maßgeblicher Position kritisch damit auseinandersetzt. Der Artikel in der Presse ist eine Ausnahme.

Wie einfach war das früher! Als die Sozialpartner die Arbeitsmarktpolitik noch nicht unmittelbar mitbestimmt haben (vor 1994), machten vor allem die Interessenvertreter der Arbeitgeber für alle Probleme auf dem Arbeitsmarkt die Arbeitsmarktverwaltung verantwortlich.

Heute wäre Kritik am AMS und an der Arbeitsmarktpolitik Selbstkritik der Sozialpartner. Sie unterbleibt daher.

Dieser Umstand erklärt vermutlich auch, dass Kritik oder gar Widerstand aus dem Management des AMS gegen die Querfinanzierung der Pensionsversicherung, gegen den Missbrauch des AMS zur Verschleierung des Reformbedarfs in der Pensionspolitik und gegen die damit verbundene Schwächung der Kernfunktion des AMS bisher nicht wahrnehmbar war.

Ob das AMS in dieser verfestigten Konsens-Konstellation zu maßgeblichen Kurskorrekturen fähig ist scheint offen.



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