Information und Propaganda

13. 03. 2016

Deutsche Sicherheitskreise sind nach einem Medienbericht in Besitz einer Rangliste des Kremls, in der die Staaten der Europäischen Union gereiht sind. Nicht nach Größe, Bevölkerung oder Wirtschaftskraft - sondern nach der Anfälligkeit des politischen Systems und der Gesellschaft für russische Propaganda und Einflussnahme. Dies berichtete die "Frankfurter Allgemeine Zeitung". Drei Staaten würden darin als besonders anfällig geführt: Österreich, Ungarn, und Tschechien. Deutschland hingegen befindet sich auf der Liste, die ein Jahr alt sein soll, im Mittelfeld, während am unteren Ende der Skala Großbritannien, Estland und Dänemark firmieren sollen.... Was für die deutschen Sicherheitskreise jedenfalls außer Zweifel steht: Russland versucht gezielt, durch Propaganda und die Förderung EU-feindlicher Kräfte innerhalb der Europäischen Union einen Keil zwischen die Mitglieder zu treiben und die Union dadurch zu schwächen.

[PRESSE ONLINE 12. 03 2016]

So ein Papier wird es gewiss geben. Genau so gewiss gibt es ähnliche Papiere westlicher Geheimdienste zu aussichtsreichen Adressaten für politische Wühlarbeit in Russland und anderen Staaten, die relevant für die USA und ihre Satelliten sind.

Dass die Medien im Westen nur über eine "Rangliste des Kremls" über die Anfälligkeit von Staaten für russische Propaganda berichten, ist natürlich keine neutrale Information, sondern ein gezielter politischer Akt.

Wer etwa die Wirtschaftsanktionen der EU gegen Russland kritisiert, ist demnach russischer Propaganda aufgesessen oder - noch schlimmer - ist ein Verschwörer, der die EU im Auftrag des Kremls absichtlich schwächen und zerstören will. Solchen "Putinisten" oder "Putin-Trollen" ist nicht zu trauen. Sie müssen unter Beobachtung und am besten kalt gestellt werden.

Dass freilich eine Reihe von EU-Staaten mit der Verhängung dieser Sanktionen keine Freude hatte, hat der amerikanische Vizepräsident Biden Studenten in Harvard verraten und geprahlt, dass Obama die Europäer erfolgreich dazu genötigt hat:

"Obama forced EU states to impose sanctions on Russia"

Die politische Intention hinter der famosen geheimdienstlichen Enthüllung, über die uns die Medien informieren, ist also klar: es geht um die Schwächung und Denunzierung von Positionen zur Europapolitik, die nicht der Linie der atlantisch orientierten EU-Nomenklatura folgen.

Erkennbar in dieser Linie ist eine Dynamik, die die Einheit eines europäischen Wirtschaftsraumes von Lissabon bis Wladiwostok gründlich verhindert und die EU-Staaten statt dessen möglichst eng an die USA bindet.

"... lautet das Gebot, keinen eurasischen Herausforderer aufkommen zu lassen, der den eurasischen Kontinent unter seine Herrschaft bringen und damit auch für Amerika eine Bedrohung darstellen könnte"

umreißt Brzezinski dieses Ziel.

Eine EU am Gängelband der USA, in Konfrontation zu Russland und mit der Türkei als Mitglied (damit die EU auch mit saftigen inneren Widersprüchen beschäftigt ist) - so eine Hampelmann-EU ist gut für die USA, aber schlecht für Europa.

Wie immer:

Wer über ein geschärftes politisches Bewusstsein verfügt, entdeckt in JEDER Information auch den Nutzen, den sie für den Informator hat oder haben soll, der dahinter steht oder der sie verbreiten lässt.

Jede Information, jede Nachricht ist eine interessengeleitete Auswahl aus der unerschöpflichen Vielfalt der Realität. Um den erzielten Nutzen zu stiften, muss der Informator gar nicht lügen - oft genügt schon die Selektion.

Fernsehen, Radio, Internet und Zeitungen jedweder Provenienz vermitteln den Lesern, Zuhörern und Zusehern Informationen dennoch kaum kühl und mit Anführung der Quelle - vorbildhaft dabei die BBC - sondern nicht selten mit tendenziöser Wortwahl. Ergänzend dazu lenken sie Informationen oft mit einem passenden Kommentar in die "richtige" Richtung.

Wer sich ernsthaft für Politik interessiert, bedarf jedoch keiner Belehrung durch Geheimdienste oder Medien, was er zu lesen und wem er zu glauben hat. Er sieht sich möglichst weit auf dem Markt der Informationen um und hält sich allein an sein eigenes, durch Erfahrung geschärftes Urteilsvermögen.



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