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Neue Mitbewerber
werfen strategische Fragen auf

Roman Obrovski



Seit 1. Juli 2002 ist das AMS mit neuen rechtlichen Rahmenbedingungen konfrontiert. In den Geschäftsstellen des AMS OÖ ist nicht klar, wie die Bundesorganisation des AMS das Unternehmen zu positionieren beabsichtigt. Am 8. Juli 2002 habe ich einige Fragen an den Vorsitzenden des Verwaltungsrates gerichtet mit der Bitte, dem AMS OÖ eine Klarstellung zu übermitteln. In Rundschreiben haben sich dazu einige Landesgeschäftsführer und der Vorstandsvorsitzende geäußert. - In der Automobilbranche verfolgen Zulieferer zweiter Ordnung oft das strategische Ziel, die Produzenten direkt und nicht über Zulieferer erster Ordnung wie Magna zu beliefern. Hält das AMS die umgekehrte Strategie für vorteilhafter? Will es zum Subunternehmen für private Vermittler werden? [aktualisiert am 19. 8. 2002].


 
 

Das ist der Turbo, den die private Arbeitsvermittlung gebraucht hat. Ich schätze, dass in fünf Jahren bereits jede zweite Vermittlung privat erfolgen wird

[Gerhard Flenreiss, Berufsgruppenobmann der österreichischen Arbeitskräfteüberlasser und Geschäftsführer von Manpower, Salzburger Nachrichten vom 2. 7. 2002]



Neue Ausgangslage

Mit dem Konjunkturbelebungsgesetz 2002 hat die Volksvertretung die gewerbliche Arbeitsvermittlung voll liberalisiert. Die Einschränkung, wonach in den gleichen oder unmittelbar in Verbindung stehenden Geschäftsräumen Arbeitsvermittlung nicht gemeinsam mit einer anderen selbständigen Erwerbstätigkeit ausgeübt werden durfte (§ 17a Abs. 6 AMFG), hat der Gesetzgeber beseitigt. Die bisherige Befähigungsprüfung entfällt und die staatliche Aufsicht wurde gelockert. Damit steht der Ausweitung der Geschäftstätigkeit der Arbeitskräfteüberlasser auf die gewerbliche Arbeitsvermittlung nichts mehr im Wege.

Der Berufsgruppenobmann der Arbeitskräfteüberlasser hat aus Anlass der gesetzlichen Neuregelung den massiven Einstieg in das Vermittlungsgeschäft angekündigt und rechnet, dass in fünf Jahren bereits jede zweite Vermittlung privat erfolgen wird.

Die Firma Adecco teilt in ihrem Geschäftsbericht 2001 u. a. mit, dass sie "das schnelle Wachstum in unserem Kerngeschäft, der Personalvermittlung" fortsetzen will. Sie tritt auf als "energischer Befürworter einer Gesetzgebung, die flexible Arbeitsmodelle fördert" und wird als Marktführer beitragen, "die Themen auf dem Arbeitsmarkt zu bestimmen". Adecco steht aus diesem Grund "in aktiven Verhandlungen mit Regierungsbehörden, Gesetzgebern und Gewerkschaften".

Unmittelbare Reaktion des AMS OÖ

Die Bundesorganisation des AMS hat die Richtlinie zur Entgegennahme offener Stellen vom 12. 04. 2001 an die neue Rechtslage bisher nicht angepasst. Sie sieht eine differenzierte Betreuung der Aufträge von Arbeitskräfte-überlassern und Arbeitsvermittlern vor (Punkt 4.4 und 4.5). Aufträge zugelassener Arbeitsvermittler sind vom AMS zwar aufzunehmen, die Betreuung des Auftrages beschränkt sich jedoch darauf, Arbeitsuchenden, die an diesen Stellenangeboten interessiert sind, die Adresse des privaten Arbeitsvermittlers bekanntzugeben.

Personalbereitstellung ist eine Dienstleistung, die Betriebe zunehmend nachfragen, die das AMS aber nicht anbietet. Die Kooperation mit reinen Personalbereitstellern war / ist für das AMS daher unproblematisch.

Anders bei Unternehmen, die nun gewerbliche Arbeitskräfteüberlassung und Arbeitsvermittlung unter einem Firmendach am gleichen Standort ausüben. Den Geschäftsstellen des AMS ist es in diesen Fällen ohne unverhältnismäßigen Aufwand unmöglich, zu verifizieren, ob ein Vermittlungsauftrag die Begründung eines Arbeitsverhältnisses bezweckt oder nur der Vermittlung zur Weitervermittlung an irgendeinen Arbeitgeber dient. Manche Personalbereitsteller bieten "try and hire" mittlerweile als zentrale Dienstleistung an.

Unsere arbeitsuchenden Kunden haben jedoch Anspruch auf Klarheit darüber, was wir ihnen anbieten (§ 4 Abs. 6 AMFG sieht sogar einen Schadenersatzanspruch für den Fall falscher oder fehlerhafter Angaben des Arbeitsvermittlers vor).

Das AMS OÖ sieht daher keine andere Möglichkeit, als Vermittlungsaufträge von Unternehmen, die die Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung und der Arbeitsvermittlung gemeinsam ausüben, generell wie Aufträge privater Vermittler gemäß Punkt 4.5 der Richtlinie zu betreuen. Die neue rechtliche Lage erfordert jedoch darüber hinaus eine klare

strategische Positionierung des AMS

Die Führungskräfte und MitarbeiterInnen des AMS OÖ nehmen die neuen, finanzstarken und politisch hochaktiven gewerblichen Mitbewerber als gegeben hin. Wir stellen uns ihrer Konkurrenz und glauben, dass Wettbewerb unseren KundInnen dient.

Viele Personalbereitsteller und gewerbliche Vermittler sichten allerdings die von uns akquirierten und veröffentlichen Stellenangebote systematisch, um unsere Auftraggeber zu kontaktieren. Dabei kommt es in letzter Zeit gehäuft zu Beschwerden von betrieblichen Kunden, die sich von Bereitstellern belästigt fühlen. Betriebe drohen, uns keine Aufträge mehr zu erteilen, wenn wir sie nicht vor der unerwünschten Akquisitionspraxis gewerblicher Dienstleister schützen können.

Unentgeltliche (Vor)leistungen für unsere Mitbewerber binden beträchtliche personelle und finanzielle Ressourcen, ohne die Marktposition und das Image des AMS bei Betrieben und Arbeitsuchenden zu verbessern. Wir wollen unser Know-how und unsere Energie ausnahmslos für den Erfolg und für die Marktführerschaft des eigenen Unternehmens einsetzen.

Damit dies möglich ist, brauchen alle MitarbeiterInnen eine klare, einfach zu kommunizierende Vision, die in stimmige Strategien gefasst ist, aus denen entsprechende Ziele abgeleitet und konsequent verfolgt werden.

Natürlich gibt es keinen Mangel an gesammelten und verstreuten Erklärungen und Richtlinien zu den Zielen des AMS. Den Mangel orte ich persönlich in der geringen Stringenz zwischen Vision, Strategie, Ziel und Handlung: Wie sollen wir zum Beispiel unseren Marktanteil / Einschaltgrad erhöhen, wenn unsere MitarbeiterInnen gleichzeitig hören, dass Personalbereitsteller und gewerbliche Vermittler unsere wichtigsten Kunden sind? Doppelbotschaften dieser Art verstehen zumindest viele MitarbeiterInnen in Oberösterreich nicht.

Fragen an den Verwaltungsrat

Ist die Marktführerschaft in der Vermittlung ein strategisches Ziel jeder regionalen Geschäftsstelle des AMS?

Wenn ja, was folgt daraus für den Umgang mit unseren Mitbewerbern?

Will die Bundesorganisation, dass das AMS Leistungen für Mitbewerber erbringt, die über jene hinausgehen, die wir in Oberösterreich derzeit für vertretbar halten?

Personalbereitsteller und gewerbliche Vermittler wollen das Bewerberpotential, den Apparat und das Know-How des AMS zur Senkung ihrer Suchkosten unentgeltlich nutzen und die abschließende, honorierte und imageträchtige Dienstleistung am Kunden selbst erbringen. Der Berufsgruppenobmann der Überlasser hat im nächsten Schritt der von Adecco so klar formulierten Strategie gefordert, Zugang zu den Datenbanken des AMS zu erhalten. Das EDV-System des AMS verursacht dem Unternehmen jedoch beträchtliche Kosten und die On-line-Datenpflege durch Tausende MitarbeiterInnen ebenfalls. Mitzuwirken, das AMS auf eine unentgeltliche Wasserträgerfunktion für gewerbliche Dienstleister zu reduzieren, scheint mir weder eine Vision, die gegenüber den Beitragszahlern zu verantworten ist, noch begeistert sie meine MitarbeiterInnen. Wenn sie dennoch Wille der Bundesorganisation sein sollte: müßten Dienstleistungen für Mitbewerber dann nicht auf jeden Fall entgeltlich etwa nach dem Muster der Konto- und Manipulationsgebühren der Banken erbracht werden?

Wird die Bundesorganisation sich entschließen, dem AMS spezielle entgeltliche Dienstleistungen für Arbeitgeber zu ermöglichen?

Wird die Bundesorganisation den Landesorganisationen ermöglichen ­ ähnlich wie nun in Deutschland für jedes Arbeitsamt vorgeschlagen ­ eine eigene Leasingfirma zu gründen?

Reaktionen

Erwin Buchinger [8. 7. 2002]

In der letzten Sitzung des Landsdirektoriums des AMS Salzburg habe ich die weiteren Mitglieder davon unterrichtet, dass seitens der Geschäftsführung derzeit keine Änderung in den Geschäftsbeziehungen mit den privaten Arbeitskräfteüberlassern bzw. Vermittlern geplant ist. Das bedeutet, dass wir weiterhin Aufträge sowohl für Arbeitskräfteüberlassung als auch für Vermittlung -auch vom selben Unternehmen- als ADG/OST aufnehmen werden. Dabei muss jedoch klar sein, ob die Personalsuche als Arbeitgeber (=Arbeitskräfteüberlasser) oder als Vermittler beauftragt wird. Für beide Fälle gilt, dass der Beschäftigerbetrieb und die sonstigen wesentlichen Angaben zur Beschäftigung zu nennen sind. Sollten wir in den kommenden Monaten jedoch einen Mißbrauch in dem Sinne bemerken, dass diese Angaben nicht erfüllt werden und beispielsweise als Überlasser gesuchte Positionen als Vermittler besetzt werden, werden wir entsprechend reagieren und unsere Position neu überdenken.

Das Landesdirektorium hat diesen Überlegungen grundsätzlich zugestimmt und einen detaillierten Bericht über Kosten und Nutzen der privaten Vermittlung (für das AMS) angefordert.

Eine grundlegende Diskussion der geänderten Marktbedingungen und der entsprechende Reaktion des AMS (nicht nur aber auch hinisichtlich allenfalls anzupassender Richtlinien) halte auch ich für sinnvoll.

Ergänzung am 17. 7. 2002:

P.S.: ich habe Dein Schreiben an GS ursprünglich eher für eine leichte "Überreaktion" gehalten und hätte nicht geglaubt, dass der Zugriff für Private auf die AMS-Datenbank tatsächlich eine ernsthafte Option des BMWA darstellt (v.a. wg. Datenschutz).

Beppo Sibitz [9. 7. 2002]

Grundsätzlich halte ich die von dir angestrebte Diskussion und Auseinandersetzung mit dem Thema gesetzliche Änderungen in Bezug auf private Arbeitsvermittler als notwendig. Geklärt gehört vorrangig die Frage des hinkünftigen Umganges mit Arbeitskräfteüberlassern und Arbeitsvermittlern. Die derzeitige Regelung in der Richtlinie zur Entgegennahme offener Stellen regelt die Zusammenarbeit und zu veranlassenden Arbeitsschritte zwar ausreichend, jedoch ist eine Positionierung des Arbeitsmarktservices im Umgang mit dieser Kundengruppe noch ausständig.

Ich kann auch nach Rückmeldungen durch die Regionalstellen bestätigen, dass vermehrt Probleme mit gewerblichen Vermittlern bzw. Arbeitskräfteüberlassern auftreten. Teilweise fühlen sich Unternehmen durch diese Anbieter so belästigt, dass sie uns ersuchen ihre Stellenangebote anonym aufzunehmen. Es läuft daher ohne Zweifel so ab, dass unsere Angebote an freien Stellen gesichtet werden und dann eine Geschäftsanbahnung bei den Unternehmen durch gewerbliche Vermittler erfolgt.

Aus den angeführten Gründen halte ich eine Auseinandersetzung mit diesem Thema für angebracht und notwendig.

Werner Homrighausen [10. 7. 2002]

Obwohl ich eine umfassende Diskussion für notwendig halte, möchte ich vorweg einige Gedanken zu den von Dir aufgeworfenen Fragen aus meiner Sicht schreiben:

Das AMS NÖ hat sich seit der Ausgliederung immer als Arbeitsmarktagentur verstanden, welche auch die Rahmenbedingungen für eine optimale Zusammenführung von Arbeitskräfteangebot und -nachfrage bereitzustellen hat.

Vor diesem Hintergrund hat das AMS NÖ auch vor Inkrafttreten des Punktes 4.4 der "Richtlinie zur Entgegennahme offener Stellen" offene Stellen von gewerblichen Arbeitskräfteüberlassern entgegengenommen und auch die konstruktive Zusammenarbeit von Anfang an unterstützt. Probleme in dieser Zusammenarbeit hat es meines Wissens bis dato nicht gegeben. Auch die neue Gesetzeslage hat bisher zu keinen Schwierigkeiten geführt.

So sehr ich auch den Wusch der Landesorganisation OÖ nachvollziehen kann, unser Know how und unsere Energie ausnahmslos für unseren Erfolg und unsere Marktführerschaft einzusetzen, so bin ich doch der Auffassung, dass dieser Wunsch mit dem Charakter eines öffentlichen Dienstleisters nicht vereinbar ist. Würden wir Privateigentümer dieses Unternehmens sein, könnte und müßte ich Deiner Argumentation folgen.

Diesem Grundsatz widerspricht meines Erachtens jedoch nicht die Überlegung, dass für bestimmte kostenaufwendige Dienstleistungen, so wie es bei anderen Dienstleistungen der Republik üblich ist, Entgelte verlangt werden.

Obwohl die neue Gesetzeslage im AMS NÖ bisher keine Schwierigkeiten bereitet, bin ich der Auffassung, dass es für die gemeinsame Sicht der Gesamtorganisation notwendig ist, dass die obersten Organe zu den aufgeworfenen Fragen klar und unmißverständlich Position beziehen.

Werner Schelling [18. 7. 2002]

Ausgehend vom Schreiben von Dr. Roman Obrovski an den Vorsitzenden des Verwaltungsrates vom 8.7.2002 haben wir uns mit der Frage beschäftigt, wie wir künftig mit Vermittlungsaufträgen von Arbeitskräfteüberlassern umgehen sollen, die gleichzeitig das Gewerbe der privaten Arbeitsvermittlung ausüben. Wie Roman Obrovski sehen wir die Gefahr, dass solche Unternehmen eine Arbeitskraft, die vom Arbeitsmarktservice ­ nach einem mehr oder weniger aufwändigen Auswahlverfahren ­ zwecks Begründung eines Dienstverhältnisses und Überlassung an einen Beschäftigter vermittelt wird, nicht überlassen, sondern ­ gegen entsprechende Gebühr ­ an einen Kunden weitervermittelt wird. Eine solche Vorgangsweise würde für uns ein erhebliches Problem darstellen.

Wir wünschen uns eine österreichweit einheitliche Regelung dieser Frage und bitten euch deshalb, dieses Thema auf die Tagesordnung der LGF-Tagung im September zu nehmen.

Claudia Finster [31. 7. 2002]

Grundsätzlich ist es wichtig für uns, die von Dir vorgeschlagene Diskussion im VWR zu führen. Unsere Vorgehensweisen müssen festgelegt werden.

Die Arbeitskräfteüberlasser arbeiten gleichzeitig als Privatvermittler und eine unterschiedliche Vorgangsweise in der Dokumentation ist unmöglich (Richtlinie passt nicht!).

Das wachsende Marktsegment (Beschäftigung) beinhaltet v.a. die Arbeitskräfteüberlasser - ich wüsste nicht, wie wir ohne diese Arbeitgeber in Wien dastehen würden.

Wenn Arbeitskräfteüberlasser und Privatvermittler uns gleichgestellt werden sollen - sie dürfen in unsere Daten Einsicht nehmen, vielleicht auch Abfragen beim Hauptverband bezüglich ihrer Erfolge tätigen, sie sollen Qualifizierungen festlegen und Beihilfen versprechen können (Zielgruppen bezogen) ..... warum wird dann das AMS nicht in die Lage versetzt, auch "überlassen" zu dürfen.

Wir sprechen seit Jahren über das Ziel, "Erhöhung des Marktanteils". Wie soll das geschehen? - Wir bieten alle offenen Stellen im Internet an und können nicht steuern, wer seinen Marktanteil erhöht! Wir können derzeit auch Erfolg nicht definieren. Erfolg ist, wenn sich Arbeitskraft und Unternehmen finden. Aber wessen Erfolg? Oft arbeitet ein Privatvermittler und das AMS gleichzeitig im Auftrag des Unternehmens.

Mein Zugang ist, wir sind kein "Privatvermittler", sonst würde ich sicher wie Roman argumentieren. Unser Know-how ist eine Sache, viel wichtiger sind unsere österreichweit vernetzten Daten und die Förderwerkzeuge. Mir ist es wichtig, wenn die nächsten politischen Schritte gesetzt werden, dass wir vorbereitet sind und nicht zum Handlanger werden. Dazu wären aber auch entsprechende Schritte in der Entwicklung der Werkzeuge (EDV) zu setzen.

Herbert Buchinger [6. 8. 2002]

Die unmittelbare Reaktion des AMS OÖ auf die geänderte Rechtslage richtet sich gegen eine differenzierte Betreuung der Aufträge von Arbeitskräfteüberlassern und Arbeitsvermittlern, weil nach oberösterreichischer Ansicht bei der Entgegennahme der offenen Stelle unmöglich überprüft werden kann, ob es sich um eine Beschäftigung bei einem Überlasser oder um einen Vermittlungsauftrag eines privaten Arbeitsvermittlers handelt.

Deiner Haltung kann ich mich aus zwei Gründen nicht anschließen:

Erstens sind wir in der BGS der Ansicht, dass bei der Auftragsentgegennahme in vielen Fällen auf einfache Art durch Nachfrage beim Auftraggeber (gewerblicher Arbeitsvermittler und/oder Arbeitskräfteüberlasser) geklärt werden kann, ob eine Überlassung oder eine Vermittlung angebahnt wird. Der Primärauftraggeber (Beschäftigerbetrieb) muss vom SFU ohnedies erfragt werden, nunmehr geht es lediglich um die zusätzliche Frage, ob es sich von Seiten des Primärauftraggebers um einen Überlassungsauftrag oder um einen Vermittlungsauftrag handelt. Wir können darin keinen unverhältnismäßigen bürokratischen Aufwand erblicken, vor allem vor dem Hintergrund des geltenden Vertrauensgrundsatzes für die Angaben von Auftraggebern.

Zweitens scheinst Du mir das Erfordernis einer Differenzierung zwischen Stellenbesetzungsaufträgen von Überlassern und Vermittlern übertrieben zu gewichten. Zwar hat die zu vermittelnde arbeitsuchende Person das Recht zu wissen, wer sein potentieller Arbeitgeber ist, wenn sie sich um eine offene Stelle bewirbt; für die Betreuung des ADG durch das SFU spielt jedoch die Frage, ob eine Vermittlung oder eine Überlassung angestrebt wird, eher eine untergeordnete Rolle. Mir scheint auf Deiner Seite eine Überinterpretation des 3. Absatzes in Punkt 4.5. der Richtlinie zur Entgegennahme offener Stellen vorzuliegen. Die Regelung, dass "an diesem Stellenangebot interessierte Arbeitsuchende" "die Adresse des privaten Arbeitsvermittlers erhalten", heißt keineswegs, dass sich die Betreuung der offenen Stelle auf die Weitergabe der Adresse beschränkt und ansonsten völlig unverbindlich wäre. Ich gestehe gerne ein, dass viele Geschäftsstellen die Regelung so interpretieren. Es liegt an der Bundesorganisation, dieser Fehlinterpretation durch Neufassung der Richtlinie einen Riegel vorzuschieben.

Eine Diskussion über die strategische Positionierung des AMS gegenüber privaten Dienstleistern halte ich va. auch im Hinblick auf Deine pointierte Konkurrenzphilosophie für sinnvoll und notwendig.

Als meinen Startbeitrag in dieser Diskussion beantworte ich die von Dir gestellten Fragen thesenhaft wie folgt:

1) Die Marktführerschaft in der Arbeitsvermittlung ist für mich ein strategisches Ziel für das AMS und seine Geschäftsstellen. Marktführerschaft behalten/erlangen wir aber im Verhältnis zu privaten Dienstleistern am Arbeitsmarkt nicht in erster Linie durch Konkurrenz, sondern durch Kooperation.

2) Daraus folgt im Umgang mit unseren Mitbewerbern, dass wir offene Stellen rasch und treffsicher besetzen und gegebenenfalls Anpassungsförderungen leisten unabhängig von der Frage, über welchen Rekrutierungskanal ein Arbeitgeber sein Personal sucht (über Direktbeauftragung des AMS, über einen privaten Vermittler oder im Wege der Arbeitskräfteüberlassung).

3) Dass die Bundesorganisation des AMS mehr Dienstleistungen für Mitbewerber erbringen lassen will, als jene, die das AMS Oberösterreich derzeit für vertretbar hält, geht bereits aus der geltenden Richtlinie über die Entgegennahme offener Stellen hervor. Selbst Du gehst in Deinem Schreiben davon aus, dass zumindest für die Stellen von Arbeitskräfteüberlassern eine intensivere Betreuung vorgesehen wäre. Du meinst lediglich, Ihr könnt Euch nicht mehr daran halten, weil die Unterscheidung in Vermittler und Überlasser durch die neue Rechtslage obsolet geworden wäre.

4) Dass die privaten Dienstleister Vorstellungen haben über eine intensivere Nutzung der Ressourcen des AMS, sehe ich nicht negativ sondern als Anknüpfungspunkt für weitergehende strategische Kooperationen. Mich erfüllt es mit Genugtuung, wenn potentielle Konkurrenten in der Öffentlichkeit zugeben, dass Sie auf unsere Ressourcen angewiesen sind ­ dass nenne ich Marktführerschaft! Und betreffend die Kosten unserer EDV und der Datenpflege: diese Dienstleistungen sind vom Beitragszahler bereits bezahlt. Wenn ein Betrieb einen privaten Dienstleister beauftragt, wird er seine Gründe haben. Der häufigste Grund wird wohl sein, dass private Dienstleister doch zum AMS additive Dienstleistungen erbringen. Wenn nicht, ist die Beauftragung Privater durch Unternehmen ein Zeichen für Versäumnisse. unsererseits. Wiederum eher ein Argument für die Kooperation mit privaten Dienstleistern, damit wir wenigstens indirekt den Kontakt zu Kunden halten, die wie gesagt unsere Dienstleistungen bereits bezahlt haben.

5) Vom Einstieg in entgeltliche Dienstleistungen für Arbeitgeber warne ich weiterhin. Damit begeben wir uns auf ein Feld des Wettbewerbs mit privaten Anbietern, den wir politisch (und wettbewerbsrechtlich) kaum gewinnen können. Wir werden dauernd nachweisen müssen, dass wir die entgeltlichen Leistungen nicht aus öffentlichen Mitteln quer subventionieren. Und: dass etwas nicht ist, ist viel schwerer beweisbar, als dass etwas ist.

6) In der Gründung von AMS-eigenen Leasingfirmen sehe ich keinen Sinn. Es gibt genügend seriöse Arbeitskräfteüberlasser auf dem Markt.

Ansonsten kann ich Deine Bedenken hinsichtlich aggressiver Akquisitionsmethoden der Privaten nicht nachvollziehen. Sollten sich Betriebe tatsächlich über solche Belästigungen beschweren, so wären diese darauf aufmerksam zu machen, dass sie dem leicht entgehen können, wenn sie ihr Stellenangebot nicht zur Veröffentlichung frei geben. Ebenso fremd sind mir Deine Bedenken hinsichtlich der Reduktion des AMS auf eine "Wasserträgerfunktion", wenn wir privaten Dienstleistern Zugriff auf unsere Arbeitsuchenden-Datenbanken gewähren. Nach den klaren Regeln des Datenschutzgesetzes (keine Datenweitergabe ohne explizite gesetzliche oder rechtgeschäftliche Ermächtigung) und des AMFG (Vormerkung eines Arbeitsuchenden gilt als Zustimmung zur Weitergabe der Daten an Arbeitgeber) setzt die Weitergabe personenbezogener Daten von Arbeitsuchenden an private Dienstleister selbst bei wohlwollendster Interpretation ohnedies voraus, dass der private Dienstleister den Arbeitgeber offen legt. Die vom AMFG (vgl. § 14) zusätzlich geforderte Rücksichtnahme auf sachlich gebotene Einschränkungen und Sperrvermerke wiederum erfordert die Bekanntgabe eines Anforderungsprofils, das mit dem Suchprofil der Arbeitsuchenden matchbar ist. Erst solcherart gematchte Datensätze von Arbeitsuchenden können an private Dienstleister weitergegeben werden. Insofern liegt der legalen Weitergabe von Daten (auch an private Vermittler) ohnedies bereits ein Tauschverhältnis zu Grunde. Wo also sind wir "Wasserträger"? Anders sieht es aus, wenn sich die Rechtslage ändert. Sollte dieser Fall eintreten, gehen die AMS internen strategischen Diskussionen ohnedies ins Leere; dann wird eben die zwischen uns strittige Frage höheren Ortes entschieden.

Zusammenfassend stelle ich daher fest, dass eine ausgebaute Kooperation mit privaten Dienstleistern am Arbeitsmarkt einer Strategie des AMS zur Erhöhung des Einschaltungsgrades und des Marktanteils nicht widerspricht, sondern im Gegenteil eine solche Strategie unterstützt. Selbst offene Stellen, die von privaten Vermittlern dem AMS weitergegeben werden, erhöhen nicht nur den Einschaltungsgrad des AMS, sondern können ­ so sie gleich behandelt werden wie Stellen die dem AMS direkt vom Arbeitgeber genannt werden ­ auch den Marktanteil des AMS ("E-Buchungen") erhöhen.

Roman Obrovski [11. 8. 2002]

1) Die Reaktion des AMS OÖ auf die geänderte Rechtslage richtet sich NICHT "gegen eine differenzierte Betreuung der Aufträge von Arbeitskräfteüberlassern und Arbeitsvermittlern". Sie richtet sich ausschließlich gegen eine differenzierte Betreuung von Aufträgen jener Arbeitskräfteüberlasser und Vermittler, die "Arbeitskräfteüberlassung und Arbeitsvermittlung unter einem Firmendach am gleichen Standort" ausüben (vgl. oa Text). Personalbereitsteller, die das Gewerbe der Arbeitsvermittlung nicht ausüben, werden im Bereich des AMS OÖ wie bisher bedient.

2) Das AMS OÖ wendet sich NICHT gegen eine "Kooperation mit privaten Dienstleistern am Arbeitsmarkt". Das AMS OÖ kooperiert seit vielen Jahren erfolgreich mit einer Reihe von privaten Bildungs-, Beratungs- und Betreuungseinrichtungen. Für nicht zielführend erachten wir nur die Bedienung von gewerblichen Vermittlern.

3) Nach Auskünften von SfU-MitarbeiterInnen ist die Unterscheidung zwischen Aufträgen zur Überlassung und zur Vermittlung bei kombiniert arbeitenden Unternehmen keineswegs leicht. Herbert Buchinger mißt dieser Unterscheidung allerdings wenig Bedeutung bei: das AMS OÖ gewichtet das "Erfordernis einer Differenzierung zwischen Stellenbesetzungsaufträgen von Überlassern und Vermittlern übertrieben". Wir können mit der "Abdeckung" von Stellen privater Vermittler sogar den "Marktanteil des AMS ('E-Buchungen')" erhöhen.

4) Im Unterschied zu dieser überraschenden Interpretation von "Marktanteil" äussert Herr Flenreiss das gängige Verständnis von Konkurrenz und Marktführerschaft, wenn er ankündigt, "dass in fünf Jahren bereits jede zweite Vermittlung privat erfolgen wird". Dieses klare strategische Ziel ist nur auf Kosten von AMS-Vermittlungen erreichbar. Muss das AMS Herrn Flenreiss dabei nach Kräften unterstützen, sollten wir zumindest darauf verzichten, diesen caritativen Vorgang mit dem Begriff "Marktführerschaft" zu etikettieren.

Herbert Buchinger [19. 8. 2002]

Ich sehe nicht ganz, was an meiner Interpretation des Begriffes "Marktanteil" so überraschend sein soll. Ich interpretiere (für die Zwecke unserer Diskussion) den Begriff so, wie es im AMS üblich ist: nämlich als Anteil der E-Buchungen an allen Stellenbesetzungen (das mag kritisierbar sein, ist aber nicht "überraschend"). Kommt also eine offene Stelle über einen privaten Vermittler zu uns und weisen wir auf diese Stelle zu mit VV wie üblich, dann können wir diese Stelle durchaus mit Code E abbuchen, wenn ein von uns vorgeschlagener Arbeitsuchender eingestellt wird. Der Unterschied zur Vermittlung auf eine offene Stelle, die wir direkt vom Arbeitgeber genannt bekommen, besteht lediglich darin, dass alle notwendigen Kommunikationsschritte zwischen AMS und privatem Vermittler laufen und nicht zwischen AMS und Personalisten des Arbeitgebers. Ich sehe eben private Vermittler weniger als Konkurrenten des AMS sondern eher als Konkurrenten der Personalabteilungen. Wollen sie gegen ein gut arbeitendes AMS erfolgreich sein, müssen sie additive (Selektions)Dienstleistungen erbringen. Einen relevanten Marktanteil erreichen sie nicht gegen uns sondern nur mit uns. Das ist doch im wesentlichen das, was auch Herr Flenreis zum Ausdruck gebracht hat mit seiner ... Vorstellung vom Zugriff auf unsere Arbeitsuchenden Daten.

Zur Klarstellung: wenn ich in meiner Stellungnahme den Begriff "private Dienstleister" gebraucht habe, dann nur als Überbegriff für gewerbliche Vermittler und Arbeitskräfteüberlasser. Selbstverständlich habe ich nicht angenommen, dass das AMS OÖ auch Vorbehalte gegen private Schulungsträger, Beratungseinrichtungen und dergleichen hat.

Roman Obrovski [19. 8. 2002]

Wenn ich dich richtig verstehe, zählen wir eine "Vermittlung" an Vermittler als E-Buchung, wenn der / die Vermittelte beim Endbeschäftiger ein DV antritt. Reklamieren wir die private Vermittlung an einen Beschäftiger auch für uns? Aus der Sicht des gewerblichen Vermittlers haben wir ihm lediglich eine oder mehrere Personen zur Vermittlung vorgeschlagen, vermittelt hingegen hat ausschließlich er. Wie sonst sollen die "50 Prozent private Vermittlungen" des Herrn Flenreiss entstehen? Erfassen wir diese Vorleistung für gewerbliche Vermittler dennoch als E-Buchung, werden wir private Vermittlungen zur Verwirrung von Kunden, Öffentlichkeit und Politik virtuell verdoppeln. Die gewerblichen Vermittler werden ihre Vermittlungen ja weder statistisch noch im Marketing mit uns teilen.

Muss das AMS die von dir gewünschten Leistungen für gewerbliche Vermittler erbringen, sollten wir sie daher realitätsgerecht ausweisen: als kostensenkende Vorleistungen für gewerbliche Vermittler, die weder der Vermittler, noch der Vermittelte und am wenigsten der Betrieb als "Vermittlung des AMS" erfahren kann.

Erwin Buchinger [19. 8. 2002]

Die Auffassung von Herbert, die Vermittlung via privaten Vermittler als E- bzw. B-Abbuchung zu erfassen, entspricht jedenfalls für Salzburg der laufend geübten Praxis. Sie kommt freilich nicht sehr oft vor. So hatten wir bundeslandweit im 1. Halbjahr 2002 insgesamt 117 offene Stellen von (fünf) privaten Vermittlern zur Besetzung erhalten, haben darauf 835 (!) Vermittlungsvorschläge generiert und (nur) 18 E-Abbuchungen sowie 6 B-Abbuchungen realisiert. Alle mit E erfolgreich vermittelten waren im übrigen kurzzeitarbeitslos.

Im übrigen ist für Salzburg geregelt, dass in Fällen von derartigen E-Abbuchungen der Beschäftigerbetrieb für einen Betriebsbesuch vorzumerken und dabei über die Vorteile der Direktbeauftragung des AMS zu informieren ist.

Herbert Buchinger [19. 8. 2002]

Du hast meine Vorstellung durchaus richtig verstanden. Ich gestehe gerne ein, dass die meisten regionalen Geschäftsstellen nicht so vorgehen (aufgrund der in meiner ersten Antwort auf Dein Positionspapier dargestellten Missinterpretation der geltenden Richtlinie). Erwin hat zwischenzeitlich fuer das AMS Salzburg klargestellt, dass E-Buchungen auf von privaten Vermittlern bekannt gegebene offene Stellen dort durchaus geuebte Praxis sind. Dein Problem mit "zur Vermittlung vorgeschlagen" und "vermittelt" kann ich fuer mich nicht nachvollziehen. Alle Dienstleister, AMS und private Vermittler, schlagen nur vor. Einstellen tut der Arbeitgeber selber. So heisst es doch bei uns in allen Fällen: "VV" = "Vermittlungsvorschlag". So ist doch eine E-Buchung definiert: "Vermittlungsvorschlag", der zu einer Einstellung fuehrt. Mag sein, dass die einen oder anderen Kreise in Oeffentlichkeit und Politik verwirrt sind, wenn wir die Vermittlungserfolge teilen (und solcherart verdoppeln). Diese Verwirrung entsteht aus der Erwartungshaltung einer Konkurrenzsituation zwischen Privaten und dem AMS. Diese Verwirrung wird sich schnell aufloesen, wenn sich zunehmend herumspricht, dass wir mit den Privaten nicht konkurrieren sondern kooperieren. Unseren Anteil am Erfolg der Privaten muessen wir halt entsprechend kommunizieren.

Roman Obrovski [19. 8. 2002]

Ein Vorschlag ist ein Vorschlag und keine Vermittlung, oder? Viele Vorschläge bedeuten viele leere Kilometer (vgl. auch das Mail von Erwin). Zur Vermittlung wird ein Vorschlag erst, wenn ein Unternehmen dem Vorschlag durch eine Einstellung folgt. Nur wer diesen Abschluß tätigt, heimst Erfolg und Image bei Betrieben und Arbeitsuchenden ein, nicht, wer sich mit Vorschlägen begnügt. - Ich für meinen Teil beende damit meine Diskussionsbeiträge per Mail und harre der definitiven Entscheidung der Bundesorganisation. Überraschen wird sie mich offenbar nicht.



19. August 2002




 
 
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