29. 5. 2010 | Nachsuche | |||
Der Akaziensitz
Hannes, der neue Pächter, baut in diesem Revierteil ausschließlich Weizen. Weizen, so weit das Auge reicht. Bis an den Waldrand. Jeder Millimeter Anbau zählt auf die Förderung. Die breiten, früher von Schafen beweideten Grünstreifen zwischen Wald und Feld sind verschwunden. Sie waren ideal für die Ansitzjagd. Nun taucht das Wild fast unmittelbar aus dem Unterholz in den Weizen. Nur an einigen Stellen ist der Fahrstreifen aufgrund von Wasseransammlungen durch Ausweichen widerwillig verbreitet.
Konkurrieren Schalenwildarten? Laut Wildmeister Hans-Joachim Duderstaedt vom DJZ-Jagdrevier vertragen sich in einem Revier Rot-. Schwarz- und Rehwild, weil sie keine Nahrungskonkurrenten sind. Liegt es dann an der Jahreszeit und / oder am Anbau, dass ich in Bakonysarkany nun täglich Rotwild, aber kein Rehwild gesichtet habe? Dass im Unterschied zu früher Rot- und Schwarzwildfährten die Rehwildfährten bei weitem überwiegen?
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Ein zweites Mal gehe ich zum Anschuss zurück und untersuche jeden Zentimeter des lehmigen Feldwegs. Es bleibt dabei: Weder ein Tropfen Schweiss noch eine Spur der Kugel. Wenn sie tatsächlich in den Boden eingeschlagen hat, müßte das zu sehen sein. Ich bin knapp hinter dem Blatt abgekommen. Sie muss liegen. Kann ich mich so täuschen?
Erneut folge ich der Fährte durch den Mais zum Windschutz. Seit nahezu einer Stunde habe ich diesen zehn bis fünfzehn Meter breiten Gehölzstreifen abgesucht. Die Fährte durch den Mais führt zum Dickicht. Da hinein ist die Sau doch geflüchtet, oder...
...ist sie etwa am Feldrand weitergelaufen? Wenn ich sie auch nur in der Nähe des Haltepunkts getroffen habe, kann sie nicht weit gekommen sein.
Ich schreite das Gehölz ab. Zwanzig Meter... dreißig... vierzig... fünfzig Meter... Nichts. Keine Fährte, keine Sau.
Resigniert zwänge ich mich durch das Unterholz in den Windschutz. Innen ist er so licht, dass ich aufrecht gehen kann. In Serpentinen werde ich den Streifen von hier aus noch einmal bis zum Feldweg absuchen. Hallo! Da liegt sie ja! Mitten drin, zwischen zwei Akazienstämmen.
Eine schwere Bache. Der Einschuss am Haltepunkt, haarscharf hinter dem Blatt. Der Ausschuss sitzt etwas weiter hinten und ist durch einen mitgerissenen und heraushängenden Fettpfropfen verstopft. So konnte weder Schweiss austreten noch die Lunge rasch zusammenfallen. Über fünfzig Meter Flucht bei einem absolut tödlichen Schuss erscheinen unter diesen Umständen plausibel.
Wäre ich nicht so überzeugt gewesen, getroffen zu haben, ich hätte früher aufgegeben. Das Stück wäre verrottet. "Jagen ohne Hund ist Schund" hat es einst im Jagdkurs geheißen. Wie wahr.
Am nächsten Morgen erlege ich einen Fuchs. Rehwild läßt sich wieder nicht blicken.
Am Abend kommt mir ein Gabler. Vor drei Wochen hätte ich ihn gestreckt, weil ich selbsterlegtes Wild für die Abschiedsfeier gebraucht habe, wie meine Freunde es gewünscht haben. Nun lasse ich den Jahrling ziehen. Ich will im ungarischen Revier nur kugelreife Böcke schießen. Den Rehschmaus habe ich mit einem Schmalreh gerettet, das ich im Trefflinger Revier spätabends erlegt habe.
Fred erzählt beim Schein der Kerzen - wir haben aufgrund der Unwetter in den vergangenen Tagen weder Strom noch Wasser -, dass er beim Oroszlan auf ein Schwein geschossen hat. Er vermutet einen Fehlschuss. Er hat nicht nachgesucht, weil es schon dunkel war und er keinen Weg zum Anschuss finden konnte.
Am Morgen dränge ich auf die Nachsuche. Ich kenne das Gelände vom Vorjahr und finde den Einstieg durch das Dickicht sofort. Und da liegt er: ein kaum dem Frischlingsalter entwachsener Überläufer. Hochblatt, im Feuer geblieben.
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Horrido! |
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