04. 08. 2009 | Hundstage | |||
Hundstage
Damit wird die Zeit bezeichnet, welche mit dem Frühaufgang des Hundssternes, des Sirius, beginnt und mit dem Frühaufgang des Arcturus endigt, der freilich viel später fällt als das Ende unserer Hundstage.
Bauernregeln
Hundstage heiß, der Winter lange weiß
Was die Hundstage gießen, muss die Traube büßen
Wildschweine im Mais
Sus scrofa, das europäisch-asiatische Wildschwein, war schon in der letzten Zwischeneiszeit vor 100 000 Jahren in unseren Eichenmischwäldern daheim. In der Steinzeit, nachdem die Gletscher einmal mehr dem Laubwald Platz gemacht hatten, wurde das Wildschwein zur bevorzugten Beute der Höhlenmenschen. Vor 7000 Jahren machten die ersten Ackerbauern dann aus Schwarzwild zahme Hausschweine...
Da die Wildform aber bereits den frühen Bauern die Äcker plünderte, geriet sie immer stärker unter Jagddruck. Doch die Wildschweine sind nicht nur enorm fruchtbar - ein Bestand kann sich in einem Jahr verdreifachen -, sondern auch intelligent und schlau, was den Tieren das Überleben trotz Pfeilen und Kugeln ermöglichte...
Zum Problem wurde das neue Wild jedoch erst, als die Bauern in den siebziger Jahren den Maisanbau forcierten, denn Wildschweine sind ganz närrisch nach dieser Frucht...
Eine Wildschweinrotte kann mit ihren muskulösen Rüsseln auf der Suche nach Mäusen, Regenwürmern und Insektenlarven eine Wiese förmlich umpflügen. Den Tieren genügt schon eine einzige Nacht, um ein Maisfeld auszulöschen...
Das Maisfeld hat nun aber den ursprünglichen Waldbewohnern nicht nur eine neue Leibspeise, sondern mit dem dichten Stengelwald auch hervorragende Deckung gebracht. Wildsauen bauen im Maisfeld sogar ihre Wurfkessel, wo sie nach einer Tragzeit von 115 Tagen im Frühsommer zwei bis acht Frischlinge zur Welt bringen. So toll es die Sauen im Mais auch treiben, den Rand des Feldes halten sie sorgsam intakt. Der Bauer merkt deshalb die Bescherung oftmals erst bei der Ernte...
In Waldlichtungen angelegte kleine Maisäcker, vergrabene Hühnerköpfe, unter Ästen und Steinen versteckte Früchte oder Getreidekörner sollen als Ablenkfütterung die Rotten an bestimmte Frassplätze im Wald gewöhnen und die Tiere intensiv beschäftigen... |
[Bakonysarkany 1. - 4. August] "Großes Warm" kommentiert Chappi das Hoch, das die nächsten zwei Tage anhalten soll. 1900 Uhr. Wir tuckern mit Dieters altem G zum Abendansitz. Die robuste Karre hat dreißig Jahre auf der Achse. Lautlose Hitze lastet auf den abgeernteten Feldern. Ich liebe die Hundstage im August mehr als alle anderen Tage im Jahr. Am Nachmittag bin ich angekommen. Fred hat den schlecht schließenden Kühlschrank am letzten Wochenende nicht ausgeschaltet. Es dauert mehr als zwei Stunden, bis ich die drei Zentimeter dicke Eisplatte von der Rückwand lösen kann und das Gerät abgetaut ist. Ich bin auf einen alten Bock aus. Den Reh-Fiep habe ich dummerweise liegen lassen. Chappi hat keinen bei sich. Die Brunft sei ohnehin vorbei, behauptet er. Und überhaupt: bei dieser Hitze schlafen die Böcke. Ich teile seine Meinung nicht, aber halte mich zurück. Minuten später sichten wir einen suchenden Bock auf einem Stoppelfeld in etwa siebzig Metern Entfernung. Zu jung, urteilen wir übereinstimmend nach einem Blick durchs Glas. Ein paar Hektar weiter sucht ein weiterer junger Bock auf dem Kamm eines Hügels die Nähe eines Schmalrehs. Chappi will unbedingt, dass ich eine Sau erlege. Das wird mir klar, als er mich beim Maisfeld absetzt. Hier bin ich schon einige Male gesessen, aber noch nie zu Schuss gekommen. "Alles Wild im Mais" erklärt er bündig und tuckert davon. Chappi hat zwei Gassen in den Mais geschnitten, eine zur Rechten zwischen Feld und Dickung und eine zweite leicht geschrägt etwa 120 Meter ins Feld hinein. Keilförmig laufen sie auf den Sitz zu. Bald tritt tatsächlich ein Spiesser aus und bummelt auf der Feldgasse heran. Er wechselt unter mir in die Randgasse und verschwindet einige Minuten später in der Dickung. Später kreuzt ein junger Rothirsch die Feldgasse. Seine Spiesse schaukeln zwischen den Maispflanzen, bis sie meinem Blick entschwinden. Zwei Dachse huschen ins Feld. Windstill. Kein Laut übertönt das Konzert der Grillen. Ein Damtier wechselt über die Randgasse in den Mais. Im Rücken des Sitzes liegt eine weite, von Bäumen und Buschwerk gesäumte Wiese. Ausschnittweise kann ich sie zwischen den Ästen der Kiefer und den Büschen einsehen. In der Dämmerung kommen zwei Rothirsche heran, ein Achter und ein hoher Spiesser. Sie nähern sich bis auf etwa vierzig Meter. Es ist schon dunkel, als ich weit draußen im Feld die Schweine höre. ------------------------ Am nächsten Morgen sitze ich wieder vor dem Maisfeld. Kurz nach fünf Uhr taucht am Ende der Randgasse eine Überläuferbache auf. Als sie auf etwa 70 Meter quersteht, zerreißt der Schuss die Stille. Sie bleibt im Feuer, schlägt aus, versucht hochzukommen und schiebt sich in Deckung. Es raschelt, eine Staubwolke steigt auf, dann hört das Schlagen auf. ------------------------ Untertags beschäftige ich mich mit Theorie und Praxis des instinktiven Bogenschiessens. Den Abend und die wunderstille Sommernacht verbringe ich am Hoffmannssitz. Zwei Geißen und ein Kitz sind all mein Anblick. Der Mais am Futterplatz erweist sich am Morgen als unberührt. Auf der Rückfahrt zum Jagdhaus kreuzt etwa fünfzig Meter vor uns eine Bache mit Nachwuchs den Pfad. Gestützt auf den Rückspiegel erlege ich einen Frischling. Gegen 1030 Uhr kehre ich zum Sitz zurück. Zuweilen treten Böcke gegen Mittag aus. Ich hatte jedenfalls um diese Zeit schon Jagdglück. Nach Vorväterart blatte ich mit Grashalmen zwischen den Daumen. Das ist entweder nicht überzeugend für einen Bock oder es steht wirklich keiner in der Nähe. Hinter mir donnert plötzlich ein Rothirsch über das Feld. Später taucht in etwa 150 Meter Entfernung kurz ein Fuchs auf und verschwindet wieder im tiefen Gras.
Nachmittags Übungen mit dem Bogen auf Strohballen im Feld. Am Abend placiert Chappi mich erneut vor das Maisfeld. Ein Damhirsch tritt aus und der Dachs wechselt wieder in den Mais. Kein Bock. Keine Sau. Um 2030 Uhr macht ein Fuchs in etwa 100 Meter Entfernung seine letzte Rast in der Feldgasse. Chappi kommt vom nächsten Sitz. Er ist enttäuscht und meint, mit dem Schuss auf den Fuchs hätte ich die Chance vertan, anderes Wild zu erlegen. Mag sein, aber ich veranschlage diese Chance geringer als er. Gegen 2100 Uhr wetterleuchtet es im Süden. Wir vereinbaren, dass Chappi mich um 0400 morgens abholt, falls es nicht gerade schüttet. Den Fuchs will er erst versorgen, wenn er einen Plastiksack dabei hat. Gegen zwei Uhr wache ich auf. Es blitzt, donnert und schüttet wie am Jüngsten Tag. Bei offenem Fenster döse ich in wirren Träumen weiter. Um halb vier stehe ich auf. Es ist still. Ich gehe vor die Tür und sehe zwischen den Wolken einige Sterne. Eilig mache ich mich fertig. Nach Regen tritt Wild gern aus. Chappi ist pünktlich. Wieder setzt er mich ans Maisfeld. Gegen alle Erwartung tut sich aber gar nichts. Es tagt. Von Sauen nichts zu hören und zu sehen. Die Hoffnung auf einen Bock habe ich ohnehin aufgegeben. Da jagen gegen 0530 Uhr hinter mir zwei Rehe in etwa 250 Meter Entfernung über die Wiese. Die Brunft ist noch nicht vorbei. Anpirschen mit dem Wind macht keinen Sinn. Ich habe nur mehr die verrückte Hoffnung, dass der Bock vielleicht im größeren der beiden Blickfenster zwischen dem Buschwerk und den Kieferästen in schussbarer Entfernung auftaucht. Ich kehre dem Maisfeld endgültig den Rücken und setze mich Richtung Wiese aufs Brett. Um aus dieser Position auflegen zu können, hab ich meinen Stock quer über den Aufgang gelegt. Minuten später traue ich meinen Augen kaum. Tatsächlich! Ein Bock - er hat hoch auf! - folgt in etwa 150 bis 170 Meter Entfernung einer Fährte. Ich schlage an und nehme das Blatt ins Visier. Auf den Schuss steigt der Bock senkrecht hoch und fällt auf den Ziemer. Fünf bis sechs Jahre alt. Ein interessanter ungerader Sechser. Ich sehe Chappi an, dass ihm eine Sau lieber gewesen wäre.
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Horrido! |