"Aktion 20.000" |
03. 01. 2018 Wahlzuckerl Wie vor jeder Nationalratswahl hat auch die Vorgängerin der neuen Regierung ein "Arbeitsmarktpaket" geschnürt. Diese plakative sozialpolitische Aktivität ist mir seit Jahrzehnten vertraut und war mir stets zuwider. Aufgrund der gesteigerten Ausgaben vor der Wahl war die Budgetsituation in der Arbeitsmarktpolitik nach der Wahl oft prekär und behinderte die kontinuierliche Arbeit des AMS. Diesmal scheint dies nicht der Fall zu sein: die "Aktion 20.000" wurde bislang nur in einem bescheidenen Rahmen umgesetzt, zweckgebundene Mittel liegen brach. Das liegt wohl daran, dass die Aktion überdimensioniert war und dass die Nachfrage auf dem realen Arbeitsmarkt unterdessen angezogen hat. Das Alleinstellungsmerkmal des AMS Mit gutem Grund ist der Vorstand des AMS dafür eingetreten, diese Aktion abzubrechen und die budgetierten Mittel in die Qualifizierung Arbeitsloser zu investieren. Der beschleunigte Wandel der Arbeitswelt, der sehr hohe Anteil an nicht / nicht marktgerecht qualifizierten Arbeitslosen hat die (Re)Qualifizierung von Arbeitslosen zur zentralen Aufgabe des AMS gemacht. Die (Re)Qualifizierung von Arbeitsuchenden und von bestimmten Gruppen von Beschäftigten ist nachgerade das Alleinstellungsmerkmal des AMS: niemand sonst übernimmt diese Aufgabe. Nicht zu den Kernaufgaben des AMS hingegen zählt m. E. die massive Subventionierung von wenig produktiven Arbeitsplätzen im sogenannten "gemeinnützigen" Bereich. Solche Arbeitsplätze einzurichten für betrieblich nicht vermittelbare Personen, die dennoch als bedingt arbeitsfähig eingeschätzt werden, ist primär eine sozialpolitische Aufgabe. Sie sollte daher auch überwiegend aus der Sozialhilfe finanziert werden. Keine klare ordnungspolitische Schnittstelle zwischen Arbeitsmarkt- und Sozialpoiitik Unter der gemeinsamen Führung von Sozial- und Arbeitsmarktpolitik unter dem Dach des Sozialministeriums fehlt es allerdings seit je an einer klaren, ordnungspolitisch definierten Schnittstelle zwischen Sozial- und Arbeitsmarktpolitik. Der Graubereich zwischen Sozial- und Arbeitsmarktpolitik ist daher groß und wurde / wird aus politischer Opportunität immer wieder zu Lasten der Arbeitsmarktpolitik in das AMS verschoben (dass überhaupt so viele über 50jährige im Register des AMS aufscheinen ist der Unfähigkeit / Unwilligkeit der Sozialpartner und der GROKO zu danken, ältere Arbeitnehmer bis zur Pensionsberechtigung in Beschäftigung zu halten, vgl. dazu etwa.) Vorteilhafter habe ich hingegen nach anfänglicher Skepsis die Zuordnung der Arbeitsmarktpolitik zum Wirtschaftsministerium in den Jahren 2000 - 2008 empfunden. Zu dieser ordnungspolitischen Klarstellung haben sich VP und FP in ihrer aktuellen Koalition nicht durchgerungen. Schon nach dem ersten Interview mit der neuen Sozialministerin regt sich in mir darüber Bedauern. Im Unterschied zu AMS-Vorstand Kopf, der im ZIB 2-Interview am 2. Jänner 2016 sehr klar und nachvollziehbar das Aus für die "Aktion 20.000" argumentierte, drückte Frau Hartinger-Klein sich vor einer eindeutigen Aussage: die "Aktion 20.000" sei vorderhand nur "ausgesetzt". Warum lässt sie diese Entscheidung schweben? Was geschieht mit den zweckgebundenen Mitteln? Kann das AMS unter diesen Umständen die aktuell erforderlichen marktgerechten Qualifizierungsmaßnahmen überhaupt planen und organisieren oder wird die Aktion vielleicht doch fortgesetzt? Frau Hartinger-Klein oszilliert wie ihre VorgängerInnen in der Grauzone ihres Ministeriums, weil sie nicht nur Arbeits- sondern auch Sozialministerin ist. Qualifizierung vor Beschäftigungsförderung! Die Subventionierung von Beschäftigung im gemeinnützigen Bereich ist wenig produktiv. Im betrieblichen Bereich ist sie von zum Teil enormen Mitnahmeeffekten belastet. Die Vernachlässigung der Qualifizierung zugunsten der Beschäftigungsförderung erzeugt darüber hinaus - je länger dieser Umstand dauert - ein immer größer werdendes Potential an Arbeitslosen, die in Betriebe nicht vermittelbar sind. Das forciert die Langzeitarbeitslosigkeit. Beschäftigungsförderung wird allmählich von der letzten zur ersten Option der Arbeitsmarktpolitik, wenn die direkte Vermittlung nicht klappt. Der Erwerb marktgerecheter Kenntnisse und Fertigkeiten hingegen verbessert den Status von Arbeitsuchenden und Beschäftigten, die von Arbeitslosigkeit besonders bedroht sind. Dieser Ansatz der Arbeitsmarktpolitik verkürzt Perioden der Arbeitslosigkeit und kann - treffsicher eingesetzt - auch der Prävention von Arbeitslosigkeit dienen. |
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