"The Deep State"

14. 07. 2017

ist der Titel eines Buches von Mike Lofgren. Ich empfehle es jedem zur Lektüre, der sich über die Funktion des politischen Systems der USA informieren will.

Er beschreibt das herrschende System als a de facto oligarchy camouflaged by two-party competition.

Dieses System habe die Errungenschaften der second American Revolution durch Roosevelts New Deal verdrängt. Seit Beginn der 70ger Jahre des 20. Jhdts habe die US-Oligarchie Oberhand gewonnen - sie dominiere die US-Politik wieder, ähnlich wie schon im 19. Jhdt die Rockefellers und Morgans Legislative und Executive an der Kandare gehabt hätten.

Lofgren - nahezu 30 Jahre lang im Congress als Budgetexperte tätig - beschreibt, welche Interessen, Familien und Netzwerke dieses System bilden und wie dieser "Deep State" die US-Politik weitgehend unabhängig von Wahlergebnissen ausrichtet.

An den Bushs und Clintons etwa zeige sich, wie allein zwei Familien mit ihren Netzwerken in Summe 28 Jahre lang die wichtigsten politischen Ämter okkupieren konnten. 2016 sollten erneut zwei Exponenten dieser Familien gegeneinander antreten (Hillary Clinton vs Jeb Bush).

Einen maßgeblichen politischen Unterschied zwischen den Wunschkandidaten beider Oligarchen-Fraktionen habe es nicht gegeben. Den US-Bürgern sei lediglich die Wahl zwischen Coke or Pepsi angeboten worden. They were two hawkish, Wall-Street-friendly candidates.

Die zerfallende Infrastruktur in den USA (Straßen, Brücken, Gebäude), die Auslagerung von einst gut entlohnten, industriellen Arbeitsplätzen, ein sehr teures, aber ineffektives Gesundheitssystem (Obamacare hin oder her), das enorme, stets wachsende Heeresbudget, das erschreckend hohe Handelsbilanzdefizit - das alles berühre die Interessen der Oligarchie nicht. Im Gegenteil: es seien dies Resultate ihrer Politik im Dienst ihrer unmittelbaren ökonomischen Interessen.

Den Zusammenhang dieser Entwicklungen erhellt Lofgren u. a. am Beispiel von kontradiktorischen Entscheidungen zum Budget:

I talked to O’Malley about America’s failure to invest in infrastructure a few days after President Obama had requested $ 500 million to arm and train rebels attempting to overthrow the Syrian regime. This time, Obama assured us, we would be able to distinguish good insurgents from bad insurgents. At the same time as the president made this extraordinary request, the House and the Senate gridlocked on a long-term reauthorization of domestic surface transportation programs that would contain a mechanism to replenish the rapidly depleting Highway Trust Fund

Die Vernachlässigung von öffentlichen Ausgaben für die Infrastruktur, für Arbeitsplätze und für ein funktionierendes Sozialsystem zugunsten überbordender Militärausgaben und der permanenten Kriegsführung der USA fasst Lofgren unter einem griffigen Satz zusammen:

Driving to the Poorhouse in a Gold-Plated Tank.

Folgt man Lofgrens Argumentation, so geraten die Interessen der Oligarchie in den USA immer stärker in Konflikt mit elementaren Bedürfnissen der Bürger.

Ermöglicht nicht genau das den Aufstieg von "Populisten" - Obama, Tea Party, Sanders, Trump?

So unterschiedlich diese "Populisten" sein mögen: sie verheißen jeweils auf ihre Weise, sich des "Volkes" besser anzunehmen als das mittlerweile weitgehend verhasste Establishment.

Obama hat sich nach seiner Wahl dem Establishment in maßgeblichen Punkten gefügt. Sehr pfleglich behandelt hat er vor allem den militärisch-industriellen Komplex, dessen Einfluss auf die Politik Lofgren neben dem Einfluss der Wall-Street, des Silicon Valleys und der Geheimdienste breiten Raum widmet.

Obama hat den Krieg der USA stark technisiert (Drohnen statt Soldaten), ist zum US-Kriegspräsidenten Nummer 1 avanciert und hat sich als der wohl kurioseste Träger des Friedensnobelpreises entpuppt.

Verschleiert vom salbungsvollen Narrativ für seine Fans "ich kann nicht wie ich will" hat er dem "Deep State" brav gedient und im Unterschied zu Kennedy zwei Perioden lebend überstanden.

Trumps Direktheit ist dem Establishment peinlich. Er zeigt sich überdies bemüht, seine Wahlversprechen einzulösen. Er fügt sich - wie es scheint - eher widerwillig dem Druck, die Konfrontation mit Russland aufrecht zu halten. DAS ist sein weitaus empfindlichster Punkt. Das Warfare-Establishment konzentriert seine massiven, anhaltenden Angriffe genau darauf.

Auch Trump scheint also nur die Wahl zu haben, sich anzupassen oder gefeuert zu werden.

Trump wird zu Russland daher kein kooperativeres Verhältnis einleiten und Rüstungsausgaben langfristig senken können. Im Gegenteil: aktuell wird er zu neuen Sanktionen gedrängt.

Budgetanteile zugunsten des Infrastrukturprogramms umzuschichten, das er in Aussicht gestellt hat, wird ihm auch kaum gelingen - selbst wenn die anderen NATO-Staaten seiner Forderung folgen, zur Entlastung der USA selbst mehr Mittel für die Rüstung aufzubringen und dazu Waffen aus den USA kaufen.

Auf der Strecke bleiben werden weiter die Anliegen eines zunehmenden Teils der US-Bürger.



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