Lohnschreiber, Blogger,Trolle ... |
03. 01. 2016 In den letzten Tagen haben zwei Journalisten sogenannter Qualitätsblätter öffentlich ihr Selbstverständnis im Verhältnis zur "Volksmeinung", zu Lesern, Usern, Postern, Bloggern, Trollen etc reflektiert. Sehr differenziert Wolfgang Böhm in der "Presse" und - entgegen dem überraschend versöhnlichen Titel - im Text wie gewohnt mit dem Holzhammer Hans Rauscher im STANDARD. Natürlich gehen beide davon aus und kommen daher auch zu dem expliziten Schluss, dass Journalisten eine schwierige, unverzichtbare Aufgabe professionell wahrnehmen. Während Böhm die Schwierigkeit seines Berufs aber als tägliche Gratwanderung zwischen Weltbildern beschreibt, plagen Rauscher dabei nicht die geringsten Selbstzweifel: Damit das klar ist: Seriöse, professionelle Journalisten sind notwendig, um Nachrichten einzuordnen, ihnen einen Rahmen zu geben, vertretbare Meinungen von Hass zu scheiden. Die blühenden Blogs mit ihrem blühenden Unsinn an Verschwörungstheorien und gezielter Desinformation sind eine Plage und eine Gefahr für die politische Kultur. Sind Leserforen, Blogs etc also hauptsächlich Tummelplätze für Idioten, Verschwörungstheoretiker und Kampfposter? Wenn man von Kampfpostern und bezahlten Trollen absieht - offenbar halten sich mittlerweile alle politischen Gruppierungen solche Leute - besteht ein maßgeblicher Unterschied zwischen Journalisten und nicht-jornalistischen Meinungsäußerern: Journalisten sind Lohnschreiber. Sie werden für ihre Texte bezahlt. Natürlich nehmen sie Rücksicht auf die Interessen derer, die sie bezahlen. Das muss sie nicht zynisch machen - ich vermute, die meisten Journalisten kommen durch Selbstselektion zu Auftraggebern, mit deren Interessen sie harmonieren. Das Misstrauen gegen Journalisten ist aufgrund ihrer (bezahlten) Profession daher weit verbreitet und das Ansehen von Journalisten bekannt schlecht. So lange Medien die Anonymität von Postern zulassen (aufspürbar im Ernstfall ist natürlich jeder User) können Poster ihre Meinung allerdings sehr viel unbefangener äußern, als es von lohnabhängigen Journalisten zu erwarten ist. Möglicherweise kommt manchen Journalisten die Beteiligung kritischer Poster an der Gestaltung ihres Mediums durchaus entgegen: diese Kritiker sagen, was die Lohnschreiber nicht sagen können, ohne ihren Job zu gefährden. Wer jemand, der eine Meinung äußert, die er selbst nicht teilt, als Idioten, Verschwörungstheoretiker oder Kampfposter einordnet, ist vor solchen Zuschreibungen durch andere Menschen freilich selbst nicht gefeit. Jeder veröffentlichte Text hält sich für richtig und wichtig. Er sucht und findet Bestätigung oder erfährt Ablehnung. Wenn unterschiedliche Sichtweisen aufeinanderprallen kommt es nach meiner Erfahrung selten zu einem Dialog in wechselseitigem Respekt und zu wechselseitigem Gewinn. Eine Annäherung von Sichtweisen ist noch sehr viel seltener. Es ist, als ob niemand aus seinem Seelensack heraus könnte. |
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