Piketty |
Ich habe bisher nur die vierzig Seiten von Thibeaults "An Executive Summary" des 685 Seiten umfassenden Buchs "Capital in the Twenty-First Century" gelesen. Für die Beteiligung an einer kritisch-wissenschaftlichen Diskussion des Werks reicht das natürlich nicht. Es hilft mir lediglich, meine bisherigen Kenntnisse und Wahrnehmungen zur Physik des Kapitals zu präzisieren. Die Formel "r > g" leitet Piketty offenbar aus einer Jahrhunderte und viele Länder umfassenden empirischen Analyse ab. Die Formel besagt, dass "r", die Rendite des Kapitals ("Rate of Return on Capital"), grundsätzlich und langfristig stets höher ist als das Wirtschaftswachstum "g" ("The Rate of Economic Growth"). Das ist kein Marktversagen: "Quite the contrary: the more perfect the capital market (in the economist´s sense), the more likely r is to be greater than g". Verfügt jemand über mehr Geld, als zum täglichen Leben nötig, kann er in Kapital investieren und daraus eine Rendite gewinnen, die langfristig und im Durchschnitt höher ist als die durchschnittliche Rate des Wirtschaftswachstums. Je mehr Geld jemand investieren kann, umso höher wird diese Rendite ausfallen, weil mit steigenden Mitteln der Zugang zu besonders ertragreichen Investments leichter wird ("wealthier people obtain higher average returns than less wealthy people"). Dieser Mechanismus führt dazu, dass Einkommen aus Arbeit stets (und meist weit) hinter dem Einkommen aus Kapital bleibt und Kapital tendenziell an der Spitze konzentriert wird, dh dass sehr wenige Personen über sehr viel Kapital verfügen: "... in societies where wealth is most equally distributed ... the richest 10 percent own around 50 percent of national wealth or even a bit more ... in the United States, the most recent survey by the Federal Reserve ... indicates that the top decile own 72 percent of American´s wealth, while the bottom half claim just 2 percent." Die wachsende Ungleichheit bei der Verteilung des Reichtums mündet zwar immer wieder in politische und militärische Konflikte, startet aber nach der Vernichtung großer Geldvermögen durch Krieg und Inflation unermüdlich von Neuem. Neu ist das alles grundsätzlich nicht. Die angesprochenen Sachverhalte wurden aber seit dem Erscheinen des Marxschen "Kapitals" bisher kaum so umfassend und penibel analysiert und empirisch belegt wie von Piketty. Piketty schlägt vor: "... the right solution is a progressive annual tax on capital... the simplest and fairest procedure would be to set rates on the basis of observed returns in each wealth bracket over several prior years." Ob dieser Vorschlag je und unverfälscht in die politische Praxis sickert? - Kaum. Wie laut zum Beispiel tönten doch 2008 viele Politiker über das Erfordernis einer "Finanztransaktionssteuer". Wie wenig haben sie seither getan und wie unverschämt zu Lasten von Kleinanlegern verfälscht haben sie diesen Vorschlag. |
HOME COME IN GARDEN ARTICLES |