Vom Umgang mit Fakten |
05. 03. 2024
... we owned the news.
Emma Tucker, Chief Editor at The Wall Street Journal Out of control Nowadays, people can go to all sorts of different sources for the news, and they're much more questioning about what we're saying. So it's no longer good enough for us just to say, this is what happened, or this is the news we have to explain, almost like explain our working. So readers expect to understand how we source stories. They want to know how we go about getting stories. We have to sort of lift the bonnet, as it were, and in a way that newspapers aren't used to doing, and explain to people what we're doing. We need to be much more transparent about how we go about collecting the news. führte Frau Tucker in Davos dazu aus. Frau Tucker hat diese Sätze in einem Diskussionspanel mit dem Namen "Defending Truth" formuliert. Der Titel setzt voraus: die Teilnehmer verfügen über die Wahrheit, die gegen Unwissen und "Desinformation" zu verteidigen ist. "Desinformation" orten die Verteidiger der Wahrheit vor allem in "sozialen Medien", die unzulänglich gegen "Fake News" vorgehen, Verschwörungstheorien zulassen und nicht und nicht unter Kontrolle zu bringen sind. Seit Elon Musk Beiträge auf "X" nicht mehr zugunsten der Dems zensurieren lässt scheint er zu einem Hauptfeind der Wahrheitsbesitzer avanciert zu sein. Kanäle, die als Desinformationsschleuder eingestuft werden, werden nach Möglichkeit trocken gelegt. Deutschland zB hat "Russia Today" schon vor Ausbruch des Krieges gesperrt, worauf Russland mit dem Sendeverbot für die "Deutsche Welle" reagiert hat. Aber weder in Deutschland noch sonstwo in der Welt scheint es Staaten zu gelingen, ihre Informationssperren absolut dicht zu machen, Umgehungen dieser Sperren zu verhindern und die "sozialen Medien" an die Kandare zu nehmen. Informationsmüll hat durch die massenhaft genutzten Plattformen im Internet gewiss zugenommen. Empörte Bekundungen, Rechthaberei und Polemik überwiegen. Das ist in den On-Line-Foren von "Qualitätsmedien" nicht viel anders: wer sich mit seinen Beiträgen nicht im Rahmen der Blattlinie hält, dem bleibt der Vorwurf des "Trolls" kaum erspart. Zivilisiert geführte Diskurse im Bemühen, eine gemeinsame Sicht auf ein Ereignis, einen Prozess etc zu entwickeln sind selten. Dennoch: wer auch durch getrübte Gewässer zu navigieren versteht, schätzt den vielfältigen, direkten Zugang zu Informationen, die offiziöse gatekeeper ignorieren, verwehren, verkürzen oder verformen - und erschrickt über die Gedankenwelt vieler Menschen. Metamorphose eines Faktums "Lift the bonnet" ist zweifellos ein ehrenwertes Vorhaben. Bislang nehme ich davon wenig wahr. Ganz im Gegenteil: Ein Gespräch hoher deutscher Offiziere über den möglichen Einsatz von Taurus-Marschflugkörpern in der Ukraine ist abgehört worden. Russia Today hat das Audiofile des Gesprächs und das Transkript veröffentlicht. Jeder, der sich dafür interessiert, kann es im Netz ausfindig machen, anhören oder in den wenigen Medien, die das Transkript veröffentlicht haben, in Ruhe nachlesen. Wie gehen Medien mit diesem Faktum um? Phase 1 - Funkstille: Das Faktum dieses Gesprächs schien den Medienmachern so unglaublich und unerwünscht, dass sie zunächst gar nicht, dann einsilbig und nur im Konjunktiv darüber berichtet haben. Sie warteten, ob und in welcher Form das deutsche Militär dieses Faktum bestätigen würde. Auf Bestätigungen warten Medien üblicherweise nicht - die Meldung geht vor, schon wegen der Konkurrenz. Eine Bestätigung oder ein Dementi wird allenfalls nachgeliefert. Phase 2 - Zweifel: Dieses Faktum ist möglicherweise gar kein Faktum, sondern mithilfe von KI manipuliert worden: Ob in der aufgezeichneten oder verschriftlichten Variante, die in den sozialen Medien kursieren, Veränderungen vorgenommen wurden, können wir derzeit nicht gesichert sagen [ARD]. Phase 3 - Empörung: Belege für eine Manipulation lassen sich offenbar nicht finden (2). Zwei Umstände sorgen jetzt für Empörung: dass abgehört werden konnte und dass Russland so impertinent ist, dieses Gespräch zu veröffentlichen. Nun gehen die Medien über in Phase 4 - Schadensbegrenzung: "Putin" habe nur eine "Propagandabombe" gezündet, um vom Tod Nawalnys abzulenken, um Scholz zu schaden, um die NATO zu unterminieren, um die westliche Unterstüzung für die Ukraine zu schmälern etc - diese Textbausteine rattern nun unter dem Namen dieses oder jenes Journalisten völlig gleichartig durch die offiziösen Print- und elektronischen Medien. Außerdem: das Gespräch bringe überhaupt keine Neuigkeiten. Im Gegenteil: die Unterhaltung der Offiziere bestätige vielmehr, dass die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern zu keiner Kriegbeteiligung Deutschlands führe [ARD], Scholz liege damit falsch und müsse die Lieferung endlich frei geben. Damit geht die Behandlung dieses Gesprächs über in Phase 5 - Glatte Lügen: Im "dünnsten Fall" müssen die Ukrainer vier Monate lang in der Handhabung geschult werden, äußert einer der Offiziere (Gräfe). Für den Fall, dass Taurus schneller zu einem Einsatz kommen sollte sei Assistenz unabweislich. Konträr zur verlogenen Verharmlosung der ARD-"Experten" unterhalten sich die Offiziere daher ausführlich darüber, wie man die Beteiligung Deutschlands an konkreten Kriegshandlungen mithilfe von Taurus-Marschflugkörpern (Zerstörung der Krim-Brücke) verschleiern könne: den in der Ukraine ohnehin operierenden Briten oder Amerikanern die Programmierung übergeben, die Daten mit dem Auto über die Grenze nach Polen bringen, die Produktionsfirma zwischen das deutsche und ukrainische Militär schalten... und zeigen sich skeptisch, ob all das realistisch sei: Beteiligt ist beteiligt, und ich glaube, über die Hürde werden wir nicht drüberkommen (Gräfe). Die Diskussion der Offiziere stützt die Position von Scholz. Die Unverfrorenheit, mit der Politiker und Publizisten das Gegenteil behaupten beruht offenbar auf der Einschätzung, dass kaum jemand das ganze Transkript liest / das Audiofile abhört. Wie geht es weiter? Bewegen maßgebliche Politiker und Publizisten des "Westens" sich noch im Raum rationaler Politik? Der Preis für Frieden, den die Europäer in Ost und West bezahlen müssen, steigt von Tag zu Tag. Nach der bisherigen Logik der Eskalation werden die Taurus in nächster Zeit geliefert und die ukrainische Armee wird damit die Krim-Brücke und / oder andere Ziele in Russland angreifen. Ein russischer TV-Moderator sichtet Brücken in Deutschland, die sich für einen symmetrischen Gegenschlag eignen. Im Raum steht seit dem Vorstoß Macrons auch die Entsendung von Truppen aus NATO-Staaten. Spätestens zu diesem Zeitpunkt ist es vorbei mit der lächerlichen Fiktion, dass die NATO nicht im Krieg gegen Russland steht. Vorbei ist es dann wohl auch mit einem bewohnbaren Europa. Ergänzung, 06. 03. 2024 Ein strategisches Ziel der EU ist nach wie vor nicht erkennbar, ein Ausstiegsszenario auch nicht. Leider. kommentiert ein militärisch hoch kompetenter Freund. Scholz will Europa aus einem Krieg heraushalten, in dem wir uns schon längst befinden schreibt ein anderer Freund. Scholz wird heftig kritisiert: von grünen Wehrdienstverweigerern und - vermeidern (Habeck, Hofreiter und Genossen), von der Rheinmetall-Lobbyistin Strack-Zimmermann, von der CDU/CSU-Opposition (Kiesewetter, Röttgen, Söder...) und von anderen NATO-Ländern, vor allem von Großbritannien. Interessanter Weise ist aus den USA bisher keine Kritik laut geworden, im Gegenteil. Die Scharfmacherin US-Vize-Außenministerin Nuland ist zeitnahe zurückgetreten. Beobachter vermuten einen Zusammenhang. Die USA selbst halten sich zurück mit der Lieferung weitreichender Waffen, die mit Taurus vergleichbar sind. Im Netz findet sich sogar die Hypothese, nicht die Russen, sondern die USA (3) hätten das Gespräch abgehört. Sie wären dazu weit eher in der Lage als die Russen und es gäbe in den US-Geheimdiensten Leute, die den Krieg in der Ukraine / seine Eskalation für einen Fehler hielten. - Wie immer: Die USA haben schon gewonnen. Ein prosperierender Wirtschaftsraum von Lissabon bis Wladiswostok ist vom Tisch. EU und Russland gehen getrennte Wege. Beide bleiben ökonomisch und weltpolitisch unter dem fiktiv gewordenen gemeinsamen Potential. Nach der Devise divide et impera hat der Hegemon des Westens einen geopolitischen Erfolg erzielt (4). Ergänzung, 07. 03. 2024 Laut ARD sind 61 Prozent der Deutschen gegen die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern. Nur die Anhänger der Grünen und der FDP sind mehrheitlich dafür, "Taurus"-Marschflugkörper an die Ukraine abzugeben: Bei den Grünen sind 53 Prozent der Anhänger für die Lieferung, bei der FDP 50 Prozent. Unter den anderen Parteianhängern überwiegt die Ablehnung der "Taurus"-Lieferungen - auch die knappe Hälfte der Unions-Anhänger (52 Prozent) positioniert sich gegen eine solche Lieferung. Geführt wird die militanteste Partei Deutschlands von Wehrdienstverweigerern. _______________________________ (2) Ungeachtet dessen behauptet zB Stefan Scholl in den OON: Russland "mogelt bei Übersetzungen": Ganz unterschlägt man den Satz "Der Termin dauert eine halbe Stunde, wir werden das Ding nicht zum Fliegen bringen können". Das ist nachweislich unwahr. Davon kann sich jeder selbst in Minute 04:56-07:43 des Gesprächs überzeugen. Was muss in einem auf Deutsch geführten Gespräch für Deutsche überhaupt "übersetzt" werden? (3) Ein in diesem Zusammenhang merkwürdiges Detail geht aus dem Transkript selbst hervor. General Gräfe ist laut Pistorius jener Teilnehmer, der abgehört wurde. Gräfe hat in Singapur die "Singapore Airshow" besucht. Aus seinem Hotel hat er sich in die Konferenz eingewählt und erwähnt eingangs, dass er "heute" (im selben Hotel?) US-General Schneider, den Kommandeur der US-Luftstreitkräfte getroffen hat ... und dem hab ich schon mal von unserem Plan erzählt... Der ist ja erst zwei Wochen im Amt und der wusste gar nicht, wovon ich rede. Und deshalb hab ich gesagt, dann komm ich lieber noch mal vorbei. O-Ton ab Minute 2:46 des Audiofiles. Hat General Gräfe seinen Waffenbruder aus den USA über die bevorstehende Videokonferenz informiert? |
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