Vorbereitung auf den Großen Krieg

02. 02. 2024

Wo Heere geweilt haben
Gehen Gestrüpp und Dornen auf
Hinter großen Kriegen
Kommen bestimmt Jahre der Not

Lao-tse



Raus aus der friedensbewegten Komfortzone

hat ein Kommentator im "Deutschlandfunk" zustimmend formuliert, als Verteidigungsminister Pistorius Deutschland aufforderte, "kriegstüchtig" zu werden.

Auch die österreichische Armee müsse "um 180 Grad" gedreht und das Bundesheer wieder kriegsfähig gemacht werden, hieß es bei der Präsentation des neuen Risikobildes des Österreichischen Bundesheeres. Neben anderen Bedrohungsbildern wie Cyberkrieg, Unterbrechung von Lieferketten sei auch eine kriegerische Auseinandersetzung zwischen der EU und Russland nicht auszuschließen.

Ein Feingeist im Österreichischen Bundesheer hat Hamlets Diagnose "Die Zeit ist aus den Fugen" leicht abgewandelt zum WOW-Titel dieses Risikobildes gekürt.

Aus den Fugen ist die Welt demnach durch den Überfall "Putins" auf die Ukraine geraten. Der Überfall der NATO auf Jugoslawien (1), der 20jährige Krieg der NATO gegen Afghanistan, die Devastierung Libyens durch die NATO, der Überfall der USA auf den Irak, der Putsch und der Bürgerkrieg in der Ukraine... das alles hat die Welt wohl in den Fugen gehalten.

Thomas Mayer macht sich im STANDARD allerdings Sorgen, dass Worte wie "kriegstüchtig" oder "kriegsfähig" in Teilen der Bevölkerung "Irritationen" auslösen. Er schlägt daher mehr Zartgefühl in der Propaganda vor: Man hätte anders formulieren sollen: Österreichs Armee ist "nicht abwehrbereit", die Verteidigung mit der Neutralität eine Schimäre [DER STANDARD]

Nutzlose Neutralität

Ja, die Neutralität! Seufz! Wie kriegt man die nur weg! Die Russen haben sie uns aufgezwungen (2)! Die Mehrheit der Österreicher aber hängt immer noch daran!

Natürlich scheren Großmächte sich im Kriegsfall nicht um die Rechte eines kleinen neutralen Landes - obwohl: die Schweiz ist im 2. Weltkrieg unbehelligt geblieben. Schützt die Neutralität Österreicher nicht zumindest davor, als aktiv Beteiligte, sprich: als Kanonenfutter in einen fremden Krieg hineingezogen zu werden?

"Fremder Krieg"? Es gibt keinen fremden Krieg, sagen die NATO-affinen Strategen im Österreichischen Bundesheer, wenn Putin nach der Vernichtung der Ukraine Finnland und das Baltikum überfällt und russische Truppen auf Berlin, Paris und Wien vorrücken! Politisch korrekt Ausgerichtete wissen: Putin will von Lissabon bis Wladiwostok ein Terrorregime errichten!

Die NATO musste noch nie ein Mitglied verteidigen, das von einem anderen Staat angegriffen worden war. Sie "wehrt" sich präventiv - wie in Jugoslawien, in Libyen oder in Afghanistan. Deutschland wird am Hindukusch verteidigt hat Deutschlands ehemaliger Kriegsminister, der SPD-Mann Struck, formuliert. - Warum sollte sich nach dieser dämlich verlogenen Semantik nicht auch Russland in Berlin oder London "verteidigen"? (3)

***

Was bedeutet die Hartnäckigkeit, mit der die EU das korrupte Marionettenregime der Ukraine weiter mit Geld und Waffen versorgt, statt auf realitätsbezogene Verhandlungen zu drängen?

Es bedeutet, dass die NATO an ihren Zielen (4) festhält und Zeit gewinnen will. Die gescheiterte "Gegenoffensive" lehrt:

Die NATO ist derzeit nicht "kriegsfähig" gegen einen Widerpart wie Russland. Windräder, nicht Artilleriegranaten woll'n ma bau'n konstatiert Oberst Markus Reisner frustriert in einem Vortrag (ab 1:32:33) an der Universität der Bundeswehr München.

Das soll sich in den nächsten Jahren ändern: die Rüstung soll hochgefahren und die Wehrpflicht da und dort wieder eingeführt werden. Regierungen, die mit der Ukraine zu wenig solidarisch sind (Ungarn, Slowakei) müssen durch polit-ökonomischen Druck [Finanzkrieg in Europa] zur Räson gebracht, "unsolidarische" Parteien verfemt oder verboten (5) werden. Die EU-Bürger müssen kriegsbereiter gegen das Reich des Bösen gestimmt werden und sollen lernen, Einschränkungen ihres Wohlstands gegen gesteigerte Rüstungsausgaben zu akzeptieren.

Das ist mühsam und kostet Zeit. Dazu wäre es am besten, den Krieg in der Ukraine einzufrieren und bei erreichter Kriegsfähigkeit aufzutauen. Dabei spielt Russland aber nicht mit und beharrt auf ergebnisorientierten Verhandlungen. Bei Beibehaltung ihrer Ziele ist die NATO daher gezwungen, den Stellvertreterkrieg bis zur erreichten Kriegsfähigkeit am Köcheln zu halten und die Ukraine vor dem Bankrott zu bewahren.

Das funktioniert

# solange das Regime in der Ukraine am Transfusionsschlauch der NATO fähig und bereit ist, seine Bevölkerung für die geopolitischen Ziele von NATO und EU unter der hehren Fahne von Freiheit und Demokratie zu opfern und

# solange die eintönig beschallte Bevölkerung in den EU-Staaten die Ziele und Strategie der NATO mehrheitlich unterstützt / lethargisch hinnimmt - damit kann gerechnet werden.

All das natürlich unter der Prämisse, dass der Krieg konventionell bleibt. Im Unterschied zu den Zeiten des Kalten Kriegs scheint die Scheu vor dem Einsatz von Atomwaffen aus heiterem Himmel in der NATO ("Enthauptungsschlag") geringer geworden zu sein.

_______________________________

(1) Damals ist für mich die EU "aus den Fugen" geraten, vgl. dazu Notizen zum Krieg in Europa. Den Weg, den Brüssel in der Europapolitik seither unter dem Kommando der NATO eingeschlagen hat, halte ich für eine road to perdition. Dass am Ende daraus Krieg mit Russland folgen würde, ist immer deutlicher geworden, vgl. dazu 20 Jahre EU-Beitritt, "America first" und Supreme Leader Biden. - Meine Sicht auf diese Prozesse ist realpolitisch unerheblich. Ich äußere mich dazu lediglich aus dem Bedürfnis nach intellektueller Hygiene.

(2) Dieses Märchen wird von den Feinden der Neutralität seit ihrem Bestehen erzählt. Die von Österreich hartnäckig ausverhandelte Neutralität war unter den gegebenen Umständen eine vorteilhafte, kreative Lösung. Man lese die Geschichte der Neutralität bei einem maßgeblich Beteiligten nach, bei Bruno Kreisky: "Wir bekamen alles, was wir wollten"

(3) Ein Kolumnist von NIUS entblödet sich nicht, diese dämliche Propaganda zu aktualisieren: "Die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland wird auch am Hindukusch verteidigt." Der berühmte Satz des damaligen SPD-Verteidigungsministers Peter Struck aus dem Jahr 2002 war aus vielen Gründen falsch. Ersetzt man jedoch den Hindukusch durch die Ukraine, so ist der Satz im Jahr 2024 goldrichtig. - Möge dieser Agitator erleben, dass der Satz auch im Jahr 2024 "aus vielen Gründen falsch" war.

(4) Russland muss sich aus der Krim und aus den russophilen Gebieten in der Ostukraine zurückziehen, Reparationen an Kiew zahlen und sich vor einem Tribunal verantworten. Darüber hinaus wünscht sich der Westen seit eh und je einen Regime-Change, die Balkanisierung Russlands oder zumindest die "Ruinierung" (Baerbock) und internationale Isolierung Russlands. - Nur Gaullisten haben das Ziel einer Kooperation mit Russland bis zum allmählichen Zusammenwachsen eines Europas vom Atlantik bis Wladiwostok verfolgt. Gaullisten aber gibt es in politischen Funktionen nicht mehr.

(5) "unsolidarisch", "putinfreundlich", "rechtsextrem", "undemokratisch" etc sind Zuschreibungen aus dem NATO-Lager für diese Regierungen / Parteien / für versprengte Gaullisten. In ihrem Selbstverständnis teilen diese Parteien / Länder / versprengten Gaullisten bei vielen wichtigen Unterschieden die Auffassung, dass der Krieg in der Ukraine kein Krieg in ihrem Interesse ist und ihrem Land und Europa vermeidbaren Schaden (Energiekosten, Wettbewerbsfähigkeit, De-Industrialisierung, Souveränitätsverlust, soziale Kosten etc) zufügt. Sie treten daher für Verhandlungen ein und nicht für die Fortsetzung des Krieges. - Vergeblich.



HOME  COME IN
GARDEN  ARTICLES