"Gemeinsam werden wir siegen"

15. 05. 2023

"Together we will win" hat der Präsident der Ukraine in das Gästebuch seines deutschen Waffenbruders geschrieben.

Die Scheu, als Kriegsbeteiligter zu gelten, nimmt in Deutschland mit jedem zusätzlichen Kriegstag ab. Deutschland hat Kiews Armee und Staat nach Angaben des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung bisher mit Hilfen im Wert von Euro 16, 8 Mrd unterstützt. Ein weiteres Waffenpaket im Wert von Euro 2,7 Mrd hat Herr Scholz seinem neuen Freund Wolodimir als Gastgeschenk überreicht. Hier die offizielle Liste der bisherigen militärischen Hilfeleistungen Deutschlands.

Ursprünglich sollten es nur Helme sein. Der Supreme Leader in Washington aber hat mit Nordstream 2 die letzten Illusionen einer politischen Minderheit über eine autonom agierende EU gesprengt. Nun wetteifert Deutschland mit Polen um die Rolle des Ersten Satrapen unter den EU-Vasallen der USA.

Der ukrainische Statthalter des War-Establishments in Washington hüpft von einer europäischen Hauptstadt zur anderen. Überall wird er mit Pomp empfangen. Die regierende italienische Faschistin umarmt ihn herzlich; er lädt sich beim Papst ein, um - in angeblich frostiger Atmosphäre - moralische Unterstützung einzufordern ("die Ukraine braucht keine Vermittler"); in Aachen wird er mit dem Karlspreis geehrt; der deutsche Kanzler hält die Laudatio ("Lieber Wolodimir"); am Abend diniert er mit Macron. Nur beim Song-Contest durfte er nicht auftreten, was den Veranstaltern einen Rüffel des britischen Premiers eintrug. Dieser empfängt Selensky heute in Chequers und kündigt die Lieferung von Langstreckendrohnen an die ukrainische Armee an.

Eine eindrucksvollere Demonstration unverbrüchlicher Solidarität des "Westens" ist nicht vorstellbar.

Noch immer aber geht es nicht voran mit der ungeduldig erwarteten Offensive der Ukraine, obwohl - wie der britische Geheimdienst unermüdlich mitteilt - die "russischen Invasionstruppen in der Ukraine ... in einem miserablen Zustand und nicht gut auf Herausforderungen vorbereitet" [ORF] sind.

Der "Westen" beurteilt die Lage nach wie vor frohgemut: Russland hat sich mit dem Einmarsch in die Ostukraine verspekuliert und wird eine strategische Niederlage erleiden, auch wenn dieses Ergebnis im 2. Kriegsjahr immer noch ausbleibt:

Yet, despite the seemingly bottomless support provided by the West to Ukraine, the United States and its European allies are no closer to expelling Russia from Ukraine than when the war first began, while draining their own resources [The National Interest]

Angesichts dieses Umstands und des bisherigen Kriegsverlaufs stellt sich die Frage: geht die Spekulation des "Westens" auf, dass Russland in diesem Krieg besiegt, zerschlagen oder zumindest nachhaltig "ruiniert" wird?

Um seinen Optimismus in der Propaganda aufrecht zu halten muss der Westen jedenfalls an der Eskalations-Spirale drehen: Die Ukraine erhält immer mehr, immer neuere, immer weitreichendere Waffen: Raketen, Uranmunition, Kampfflugzeuge - und ein bisher beachtetes NATO-Tabu bröckelt:

Der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Johann Wadephul plädiert unterdessen dafür, der Ukraine den Einsatz deutscher Waffen auch gegen Ziele auf russischem Territorium zu erlauben. "Weder völkerrechtlich noch politisch gibt es eine Begründung dafür, warum die Ukraine nicht auch Ziele in Russland angreifen darf", sagte der Außenpolitiker dem Berliner "Tagesspiegel" [ARD]

So rückt der Punkt näher, an dem die konventionelle Kriegsführung aus dem Ruder läuft, weil da oder dort wer die Nerven verliert. Die USA überleben vielleicht die atomare Verseuchung Europas, die Europäer nicht.

Stellen wir uns zunächst nur vor, dass Russland aus EU-Europa auf unabsehbare Zeit verdrängt und geschwächt, nicht aber besiegt / zerschlagen wird. Dann gehen aus diesem Krieg nicht nur Russland, sondern auch die EU und die USA geschwächt gegenüber China, Indien und dem Rest der Welt hervor.

The devastating irony of the situation is that the West became embroiled in a war against Russia at the very moment when it should have been cultivating Russia as a counterbalance against the rise of China. Instead, the West has pushed Russia into the waiting arms of Beijing, which has been more than willing to pursue a friendship with no limits with a Russia that has every reason to fear a rising China. Nevertheless, instead of a situation where the United States and Russia are working together to contain China, we instead have one where they are effectively fighting a war against each other in Ukraine. The United States has thus set itself up for a confrontation against two great powers, a situation that only naïve optimists believe the United States can win [The National Interest]

Die von Überheblichkeit geleitete Strategie der derzeit Regierenden in den USA und in der EU hat beträchtliches Selbstschädigungs- und Selbstmord-Potential.

Ergänzung 17. 05. 2023

Großbritannien und die Niederlande wollen eine "internationale Koalition" schmieden, um die Ukraine mit Kampfflugzeugen zu beliefern. Bisher hatten die NATO-Partner das abgelehnt. Kiew begrüßte die Initiative.... Der Chef der Münchener Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, hat die westlichen Staaten aufgefordert, ihre militärische Unterstützung für die Ukraine auszubauen. In einem Gastbeitrag für den "Tagesspiegel" kritisierte der frühere Berater von Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel die bisherigen Rüstungshilfen als "zu zögerlich"... Stattdessen müsse der Westen bei seiner militärischen Hilfe "aufs Ganze gehen". Die Ukraine brauche "Panzer, Raketen längerer Reichweite und Kampfflugzeuge", mahnte der Vorsitzende der Sicherheitskonferenz [ARD]

Lohnschreiber begrüßen den Mut, in der Ukraine "aufs Ganze" zu gehen und halten "Putins rote Linien" für unbeachtlich:

Die Verbündeten der Ukraine müssen sich vor Putins roten Linien nicht fürchten... hat Putin zwar seine nuklearwaffenfähigen Streitkräfte Manöver abhalten lassen und Bomber in Stellung gebracht, das nukleare Tabu blieb und bleibt aber ein Tabu [DER STANDARD]

Europa sollte bei Waffenhilfe für die Ukraine auf London hören... Die alten F-16 der Ukraine für ihren Kampf gegen Wladimir Putins Angriffskrieg zu übergeben und dafür neues Gerät, etwa F-35, anzuschaffen könnte ein verlockender Deal für andere Staaten sein. Sie müssen nur wollen [DER STANDARD] - Dieser "verlockende Deal" schafft immerhin Arbeitsplätze in den USA und wer Lockheed-Martin-Aktien hält freut sich.

"Aufs Ganze gehen"... Ob die "Verbündeten" der Ukraine (anfangs waren EU und NATO ja nur "Unterstützer") letztlich auch eigene Truppen einsetzen werden?

Um nicht in Konflikt mit der geringen Wehrbegeisterung ihrer hedonistischen Bevölkerung zu geraten haben die USA und andere NATO-Staaten die Wehrpflicht abgeschafft und unterhalten nur schmale Berufsheere. In Verbindung mit Fernwaffen reicht das für Länder wie Afghanistan (1). Reicht es auch für Russland in einem Krieg, der konventionell bleiben soll? Glücklicherweise sind die Ukrainer wehrpflichtig und haben vorderhand noch genug Masse, um allein weiter zu bluten.

Während die westlichen "Leitmedien" die Eskalation der EU/NATO unaufgeregt zur Kenntnis nehmen und einhellig wohlwollend kommentieren, gibt es Aufruhr und Disput in der veröffentlichten Meinung zu anderen Themen:

Frankreichs Sportministerin Amélie Oudéa-Castéra hat die Bestrafung von Fußballspielern gefordert, die sich weigern, Regenbogen-Trikots zu tragen. Ich denke, es liegt in der Verantwortung der Vereine, Sanktionen zu verhängen, betonte der ehemalige Tennisprofi am Montag laut der französischen Tageszeitung Le Figaro [JF]

Zuletzt hatten Kinderbuchlesungen von Dragqueens in Wien für Aufregung gesorgt, vor dem Veranstaltungsort wurde gegen das Event demonstriert. Unter anderem machte die FPÖ Wien gegen die Lesung mobil, es würde sich dabei um eine "inakzeptable Frühsexualisierung" handeln. Ganz anders sehen das die beiden Dragqueens Gloria Hole und Candy Licious, wie sie beim Podcast-Festival der Kleinen Zeitung am Samstag auf der Bühne erklärten. Viel mehr gehe es darum, zu zeigen, dass jeder Mensch so leben und aussehen könne, wie er oder sie möchte, und um Vielfalt und Toleranz zu fördern. Aus diesem Grund war Gloria Hole während der letzten Wochen damit beschäftigt, eine Kinderbuchlesung auch in Graz zu organisieren. Und das ist gelungen: Die Lesung wird am 21. Mai um 16 Uhr im Grünen Haus am Kaiser-Franz-Josef-Kai 70 stattfinden [Kleine Zeitung]

Tittytainment funktioniert.

Ergänzung 18. 05. 2023

Rheinmetall hat im Rüstungsbereich eine strategische Kooperation mit dem ukrainischen Staatskonzern Ukroboronprom aufgelegt. Die Kooperation soll der Stärkung der rüstungswirtschaftlichen Basis der Ukraine und letztlich der nationalen Sicherheit des Landes dienen, indem schrittweise gemeinsame Fähigkeiten in der Rüstungstechnologie in der Ukraine aufgebaut werden [Pressemitteilung Rheinmetall]

Deutschland wird in der Ukraine den laut Rheinmetall "modernsten Kampfpanzer" produzieren. Mit dem Namen dieses Panzers, "Panther", knüpft Deutschland symbolträchtig an den NAZI-Kampfpanzer gleichen Namens an. - Deutschland plant voraus, falls es mit der Niederlage / Ruinierung / Zerschlagung Russlands diesmal wieder nicht klappen sollte.

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(1) Genau genommen: es reicht, um Länder wie Afghanistan oder den Irak zu devastieren, nicht aber, um selbst so weit unterlegene Länder nachhaltig zu besetzen / in das eigene Imperium einzugliedern.



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