Nachrichten aus dem Tollhaus / Diagnose eines Historikers |
10.01. 2023 Die angekŸndigte Lieferung von Marder-SchŸtzenpanzern an die Ukraine geht dem GrŸnen-Politiker Anton Hofreiter nicht weit genug. Er fordert, der Ukraine auch den schlagkrŠftigeren Kampfpanzer Leopard 2 zur VerfŸgung zu stellen. "Die Strategie mŸsste sein, dass wir die Ukraine mit allem unterstŸtzen, was sie auf dem Gefechtsfeld braucht, und dazu gehšrt noch deutlich mehr", sagt der Vorsitzende des Europa-Ausschusses im Bundestag [ARD] Eine Mehrheit in der Bevšlkerung gibt es dafŸr nicht [ARD]. Never mind. Die Kriegstreiber des grŸnen Establishments wiederholen die Forderung nach Kampfpanzern halt immer wieder und genie§en dabei die UnterstŸtzung der Medien: BundestagsvizeprŠsidentin Gšring-Eckardt von den GrŸnen hat sich fŸr die Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine ausgesprochen. Den Zeitungen der Funke-Mediengruppe sagte sie, man sollte alles liefern, was mšglich sei [BR24] Der Weg Deutschlands vom ursprŸnglichen Prinzip "keine Waffen in Krisengebiete" Ÿber die Lieferung von Helmen, Haubitzen, SchŸtzenpanzern bis zur unmittelbaren Kriegsbeteiligung ist noch nicht zu Ende. NatŸrlich bleibt auch die EU-Urschel auf dem Kriegspfad: Ursula von der Leyen hat sich fŸr eine Lieferung von "Leopard 2"-Panzern an die Ukraine ausgesprochen... Von der Leyen Šu§erte sich bei einer Pressekonferenz mit NATO-GeneralsekretŠr Jens Stoltenberg und EU-RatsprŠsident Charles Michel zu der Frage, ob sie Staaten unterstŸtze, die eine Lieferung von westlichen Kampfpanzern wie dem "Leopard 2" in ErwŠgung ziehen [ARD] Werden die Ukrainer mit deutschen Kampfpanzern die Krim zurŸck erobern? Wenn nicht, mŸssen deutsche Truppen wohl selbst wieder an die Ostfront. Der bisherige Vorstand der ukrainischen Nationalbank, Kyrylo Shevchenko (50), sucht aktuell in Wien um Asyl an... In seiner Funktion als Vorstand der staatlichen Ukrgasbank soll der Manager angeblich mit 52 Fake-Kunden bis zu 5,42 Millionen Euro abgezweigt haben - dieser Vorwurf kšnnte allerdings auch eine Konstruktion der Regierung in Kiew sein, da mehrere Quellen von einem ZerwŸrfnis von Shevchenko mit der aktuellen politischen Elite der Ukraine berichten [EXXPRESS 09. 01. 2023] Der norwegische Rechtsanwalt und Politiker Christian Tybring-Gjedde hat NATO-GeneralsekretŠr Jens Stoltenberg fŸr den Friedensnobelpreis nominiert. Er hat das Vorschlagsrecht dafŸr. "Stoltenberg verdient den Preis fŸr seine herausragende Arbeit als NATO-GeneralsekretŠr in einer herausfordernden Zeit fŸr die Allianz", erklŠrte der Politiker in einer Mitteilung [EXXPRESS 09. 01. 2023] Das Ÿbersteigt die Phantasie eines Romanciers.
Eine Diagnose des franzšsischen Anthropologen und Historikers Emmanuel Todd (vgl. das Interview in der Schweizer WELTWOCHE - hier einige AuszŸge):
Weltwoche: Wer ist fŸr die Sabotage von Nord Stream verantwortlich? ... Die Finanzkrise von 2008 hat deutlich gemacht, dass Deutschland mit der Wiedervereinigung zur fŸhrenden Macht in Europa wurde und damit auch ein Rivale der USA. Bis 1989 war es politisch ein Zwerg. Nun liess Berlin seine Bereitschaft erkennen, sich mit den Russen einzulassen. Der Kampf gegen diese AnnŠherung wurde zu einer PrioritŠt der amerikanischen Strategie. Dass sie das Gasabkommen torpedieren wollten, hatten die USA stets deutlich gesagt. Der Ausbau der Nato in Osteuropa war nicht in erster Linie gegen Russland gerichtet, sondern gegen Deutschland...
... Die Wahrheit der Nato sieht so aus: Sie besteht aus der Achse Washington-London-Warschau-Kiew. Deutschland und Frankreich sind ihre Juniorpartner, mit ihrer vorherrschenden Stellung in Europa ist es vorbei. Die Polen und die Ukrainer beschimpfen und beleidigen permanent die Deutschen. FŸr sie ist das unertrŠglich. Die Macht, die sie zu beschŸtzen vorgab, hat nichts unversucht gelassen, um die vorherrschende Stellung Deutschlands in Europa zu zerschlagen. Deutschland befindet sich in einer Lage, die es in kognitiver Hinsicht Ÿberfordert. ... In diesem Krieg hat man den Eindruck, als wolle die Welt Deutschland in den Wahnsinn treiben... (Persšnliche Anmerkung: Die Deutschen aber machen mit, allen voran die GrŸnen. In deren DNA sticht das Fanatismus-Gen hervor. Die Gro§vŠter und Gro§mŸtter der heutigen GrŸnen waren in der 68ger-Bewegung Ÿberwiegend gewaltbereite Maoisten / Linksradikale. Sie haben - um an die Macht zu kommen - ihren Fanatismus vom Kapitalismus abgewendet und auf andere Feinde (UmweltsŸnder, Klimaskeptiker) ausgerichtet. Aber erst ihr unbedingtes Bekenntnis zur NATO und der Hass gegen Russland hat ihnen das Wohlwollen der USA verschafft. In 50 Jahren haben sie sich um 180 Grad gedreht. Heute zeigen sie weder BerŸhrungsŠngste mit Vertretern einer russophoben Ostpolitik in der Tradition der Nazis, noch mit Neo-Nazis in der Ukraine. Umwelt und Klima sind ihnen nachweislich weniger wichtig als der Kreuzzug der NATO zur Ruinierung Russlands. - Der Fanatismus ist das politische Vehikel der GrŸnen. Nach wie vor sprechen sie ideologisch anfŠllige, leicht fanatisierbare Menschen an, also auch idealistisch gesinnte, unerfahrene Jugendliche. Der Fanatismus verbindet GrŸne, alte und neue Nazis.) ... Der Westen hat die Russen všllig unterschŠtzt, sein intellektuelles Defizit ist erschreckend... Ihre Strategie setzt auf die "longue durŽe" des amerikanischen Niedergangs. Amerika kompensiert ihn mit dem Druck auf seine alten Protektorate. Die Kontrolle Ÿber Europa - vor allem Deutschland - und Japan ist zu seiner PrioritŠt geworden. Gegen seinen Krieg im Irak hatten Chirac, Schršder und Putin an einer gemeinsamen Pressekonferenz protestiert. Seither hat Amerika das erreicht, was man auf Deutsch die "Gleichschaltung" Europas nennt. Der Rest der Welt aber hŠlt es mit Russland... ... Wenn die Nato darauf verzichtet hŠtte, die Ukraine zu einem Teil ihres militŠrischen Dispositivs zu machen, hŠtte es diesen Krieg nicht gegeben... Donezk befindet sich hundert Kilometer von der russischen Grenze entfernt. Die Distanz zu Washington betrŠgt 8400 Kilometer. Der Krieg spielt sich an der Grenze Russlands ab. Auch deshalb ist es ein defensiver Krieg - ein Verteidigungskrieg... Wenn Russland Ÿberlebt, den Donbass und die Krim behŠlt, wenn seine Wirtschaft weiterhin funktioniert und es seine Handelsbeziehungen neu gestalten kann, mit China und Indien - dann hat Amerika den Krieg verloren. Und in der Folge wird es seine Alliierten verlieren. Deshalb werden Amerika und die Nato weitermachen. Und darum handelt es sich um einen Weltkrieg, der andauern wird. Seine hauptsŠchlichste Ursache ist die Krise des Westens... Der Westen hat seine Werte verloren und befindet sich in einer Spirale der Selbstzerstšrung. ErgŠnzung 12. 01. 2023 Ein Freund steht den AusfŸhrungen Emmanuel Todds kritisch gegenŸber und fragt mich unglŠubig: Glaubst du die Aussagen vom Interview in der Weltwoche? "Glauben" halte ich nicht fŸr die passende Kategorie. In der Politik / in der Geschichte geht es m. E. nicht um "wahr" oder "falsch". Es geht um unterschiedliche bis gegensŠtzliche Sichtweisen, die den unterschiedlichen bis gegensŠtzlichen Interessen der jeweiligen Akteure / Kontrahenten entspringen. Todd gilt als Gaullist. Gaullisten hatten / haben eine andere Vorstellung von Kontinental-Europa als GB und USA. USA und GB wollen kein geeintes Europa. Ein Europa von Lissabon bis Wladiwostok wŠre ihnen zu gro§, zu mŠchtig, zu selbstŠndig. Eine Entwicklung Kontinental-Europas in diese Richtung zu verhindern ist die zentrale Aufgabe der US-gesteuerten NATO seit ihrer GrŸndung: Keep the Soviet Union out, the Americans in, and the Germans down So knapp und klar hat der erste GeneralsekretŠr der NATO, Lord Ismay (1952 - 1957), die Ziele der NATO formuliert. In den 70 Jahren seither hat sich dabei nur ein Wort geŠndert: an die Stelle der Sowjetunion ist Russland gerŸckt. Das Zitat Ismays findet sich Ÿbrigens geradezu programmatisch auf einer offiziellen [NATO-Seite] Die Gaullisten hingegen wollten / wollen ein Europa mit und nicht ohne / nicht gegen Russland. Die Gaullisten haben sich nicht durchgesetzt. Den von Ismay formulierten Zielen hingegen sind USA und GB gegenwŠrtig so nahe gekommen wie noch nie seit 1945. Dieses Ergebnis widerspricht den langfristigen škonomischen, politischen und kulturellen Interessen der EuropŠer in West und Ost - und wird dennoch von vielen apathisch bis entzŸckt akzeptiert. Ausschlaggebend dafŸr ist wohl die Jahrzehnte lange, erfolgreiche transatlantische Sozialisierung der politischen und kulturellen FunktionstrŠger in der EinflusssphŠre der USA. Todd nennt dieses PhŠnomen "RealitŠtsverlust". Ich "glaube" nicht, was Todd sagt. Ich teile seine Diagnose. |
HOME COME IN GARDEN ARTICLES |