Finte oder Schleim? |
12. 12. 2022 Jede Kriegführung beruht auf Täuschung Sun Tsu Bisher hatte ich den Eindruck: Deutschland und Frankreich waren an der Umsetzung der Minsker Vereinbarungen ernsthaft interessiert, konnten sich aber gegen eine widerspenstige Ukraine am Gängelband der USA nicht durchsetzen. Das ukrainische Regime selbst wirkte nie enthusiasmiert von einem Prozess zur friedlichen Lösung des Bürgerkriegs in Form einer Föderalisierung, wie MINSK es vorsah. Für den damaligen Präsidenten Poroschenko waren diese Abkommen nur eine gefinkelte Methode zum Zeitgewinn. Poroschenko hat diese Motivation vor ein paar Wochen bekräftigt: Ich brauchte diese Minsker Abkommen, um mindestens viereinhalb Jahre Zeit zu gewinnen, um die ukrainischen Streitkräfte zu stärken, die ukrainische Wirtschaft aufzubauen, das ukrainische Militär gemeinsam mit der NATO auszubilden und die besten Streitkräfte in Osteuropa aufzubauen Frau Merkel hingegen hat bei bisherigen Befragungen zum Befremden der "Zeitenwender" darauf beharrt, dass ihre Ostpolitik / ihre Verhandlungen mit Putin "kein Fehler" gewesen sei. In ihren jüngsten Erklärungen gegenüber dem SPIEGEL und DER ZEIT aber taucht sie dieses Beharren in ein völlig neues Licht. Sie gleicht sich der Argumentation Poroschenkos an und stellt MINSK als Finte dar, um Zeit zu gewinnen: Die 2008 diskutierte Einleitung eines Nato-Beitritts der Ukraine und Georgiens hielt ich für falsch. Weder brachten die Länder die nötigen Voraussetzungen dafür mit, noch war zu Ende gedacht, welche Folgen eine solcher Beschluss gehabt hätte sowohl mit Blick auf Russlands Handeln gegen Georgien und die Ukraine als auch auf die NATO und ihre Beistandsregeln. Und das Minsker Abkommen 2014 war der Versuch, der Ukraine Zeit zu geben SPIEGEL , ZEIT. ... war der Versuch, der Ukraine Zeit zu geben: um sie fit zu machen für die Zerschlagung / Vertreibung der Separatisten und für die Rückeroberung der Krim. Diese Interpretation der Minsker Vereinbarungen durch die Hauptverhandlerin des "Westens" spielt in Russland jenen Kritikern in die Hände, die Putin seit langem zu viel Vertrauen und zu viel Langmut mit wortbrüchigen / hinterhältigen Verhandlungspartnern vorwerfen. Putin reagiert überrascht: Ehrlich gesagt, war das für mich absolut unerwartet. Das enttäuscht. Ich habe offen gesagt nicht erwartet, so etwas von der früheren Bundeskanzlerin zu hören... Ich bin immer davon ausgegangen, dass die Führung der BRD sich uns gegenüber aufrichtig verhält... Es sei zwar klar gewesen, dass Deutschland auf der Seite der Ukraine stehe, sie unterstütze. Aber mir schien trotzdem, dass die Führung der BRD immer ehrlich um eine Lösung bemüht war auf Grundlage der Prinzipien, die wir vereinbart haben und die unter anderem im Rahmen des Minsker Prozesses erzielt wurden [TAGESSPIEGEL, 9. 12. 2022] Hat Merkel MINSK als Finte betrieben? Unterschiebt sie den Verhandlungen nachträglich diese Absicht, um sich bei den "Zeitenwendern" einzuschleimen, die nun das Ruder im "Westen" führen? Egal. Die Wirkung ist dieselbe. Schon Gorbatschow musste sich von seinen Gegnern Naivität im Umgang mit dem Westen vorwerfen lassen. Er verschwand in der politischen Versenkung. Sollte auch Putin gestürzt / abgelöst werden: wer immer ihm nachfolgt, wird die Merkelsche Lektion gelernt haben. Ihre neue, zynische Interpretation der Minsker Vereinbarungen - der germanophile Putin hat Merkel respektiert und vertraut - garantiert einen langen, sprachlosen Konflikt und eine lange Eiszeit zwischen Russland, Deutschland und dem übrigen "Westen". Zum Schaden Europas. Zum Nutzen der USA. |
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