Durchbrochene Agitation |
24. 01. 2022 Das öffentliche Bewusstsein zu Russland wird überwiegend mit Agitation und Propaganda überschüttet. Es gibt aber auch überraschende Zwischentöne. So manche Gegenstimme ist dabei nicht den üblichen verdächtigen Putinverstehern zuzuordnen. Etwa das Interview des bayrischen Ministerpräsidenten in der FAZ unter dem Titel "Russland ist kein Feind Europas" Der "prorussische" deutsche Marinechef ("die Krim kommt nicht zurück") musste zwar zurücktreten [ORF], in den gestrigen Abendnachrichten der ARD aber kam er überraschend in Bild und Ton zu Wort. U.a. mit dem Satz, dass es "Quatsch" [ARD-Mediathek] sei anzunehmen, Russland wolle sich einen Landkreis der Ukraine einverleiben. Ist die Tagesschau-Redaktion gerüffelt worden? Dem ORF wäre so ein Ausrutscher nicht passiert. Am interessantesten finde ich, dass ein Meinungsartikel in der New York Times unter dem Titel How to Retreat From Ukraine erscheinen durfte. Demzufolge sollte die USA den Versuch einstellen, die Ukraine in ihren Einflussbereich zu integrieren: The United States in its days as a hyperpower made a series of moves to extend our perimeter of influence deep into Russia’s near-abroad. Some of those moves appear to be sustainable: The expansion of NATO to include countries of the former Warsaw Pact was itself a risk, but at the moment those commitments seem secure. But the attempt to draw Ukraine out of Russia’s orbit, the partway-open door to Ukrainians who preferred westward-focused alliances, was a foolish overcommitment even when American power was at its height. Die USA hätten sich damit übernommen ("overstretched"). Mit diesem Text bestätigt der Autor für die USA/NATO/EU, was Politiker und Transatlantik-Publizisten Russland vorwerfen: Expansionspolitik - to extend our perimeter of influence. Hans Rauscher etwa und Eric Frey wissen hingegen, dass Putin die Sowjetunion wieder errichten und der "liberalen Demokratie" den Hals umdrehen will. Im Augenblick schweben wir zwischen Krieg, einer nachhaltigen, transatlantisch instrumentierten Abkopplung Russlands von Europa und einer stark geschrumpften Hoffnung auf die Durchsetzung von Nüchternheit und Kooperation. Ergänzung 26. 01. 2022 Auf Beraterebene treffen heute Frankreich, Deutschland, die Ukraine und Russland in Paris im "Normandie-Format" zusammen. Dabei wolle man ein Datum finden, an dem die Ukraine mit den kremltreuen Separatisten über einen Sonderstatus für die Region Donbass verhandelt. Die Ukraine lehnte das bisher offiziell ab. Sie sieht Moskau und nicht die Separatisten als Verhandlungspartner. Wenn es dazu kommt, hat Russland erreicht, was bisher an der Ukraine und am mangelnden Willen des "Westens" gescheitert ist: die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen. Das wäre wohl ein erster Schritt zur Entspannung. Dass die Initiative dazu von Frankreich ausgeht ist nicht verwunderlich. Frankreich ist im Unterschied zu Deutschland ein wirklich souveränes Land. Ergänzung 28. 01. 2022 Die Agitation eines Qualitätsmediums hingegen demonstriert heute Eric Frey im STANDARD unter dem Titel Die Ukraine, Russland und der Westen: Der richtige Umgang mit Raubtieren. Illustriert wird der Artikel mit dem Bild eines wütenden Bären: Die Gleichsetzung Putins / Russland mit einem Raubtier in Wort und Bild... hat das nicht schon die Qualität des STÜRMERs? |
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