Corona 3

26. 03. 2020

Ein Freund meint, mit meinem Wunsch nach differenzierten Maßnahmen (siehe "Corona 2") verharmlose ich diese Pandemie: die katastrophale Situation in Italien mache deutlich, wie gefährlich dieses Virus sei. Auch sei meine Haltung umso verwunderlicher, da "du doch selbst der Risikogruppe der über Siebzigjährigen angehörst."

Um mit dem letzten Satz zu beginnen: Mein Leben ist durch die Quarantäne viel weniger eingeschränkt und belastet als das Leben meiner Kinder und Enkel und ihre Zukunft ist wichtiger als die meine.

Zu Italien:

Das bisher erfasste und veröffentlichte Zahlenmaterial (Johns Hopkins) sagt über die Letalität des Virus noch wenig aus.

Meines Wissen haben bisher nur Südkorea und Island eine größere, vermutlich aber immer noch nicht repräsentative Stichprobe der Bevölkerung auf die Infektion getestet. Nach den Erfahrungen dieser Länder gilt: Je mehr Menschen getestet werden, umso niedriger wird die Sterberate. Wenn hingegen

...die Stichprobenauswahl so ist, dass nur noch Schwerkranke überhaupt getestet werden, dann ist es auch kein Wunder, dass ein hoher Anteil der Getesteten auch stirbt

Renommierte Virologen wie Karin Moelling schätzen die Gefährlichkeit dieser Corona-Variante ungefähr gleich hoch wie die bekannter Grippe-Viren ein. Diese Stimmen gehen zur Zeit unter oder werden als "Fakenews" geächtet.

Vor einer Woche habe ich einen mir gut bekannten Politiker gefragt, ob und mit welcher Intensität sich Leute im Auftrag des Kanzlers mit der Frage beschäftigen, wie die wirtschaftliche Tätigkeit aufrecht erhalten / wieder aufgenommen werden kann, während besonders gefährdete Personen (also Ältere und / oder Vorerkrankte) vor einer Ansteckung weiter geschützt werden.

Ich habe mir dabei mehrere Teams für spezifische Wirtschaftszweige vorgestellt, interdisziplinär und vertikal besetzt (also Mediziner, Banker, Manager, Systemanalytiker, Leute mit intimen Branchenkenntnissen bis zur Ebene der Arbeiter / Angestellten). - Mein Gesprächspartner wusste von solchen Vorkehrungen nichts.

Das heißt nicht, dass sich in der österreichischen Regierung niemand darüber Gedanken macht. Aber während wir von zunehmender Kurzarbeit hören und auf eine Fortsetzung der strikten Maßnahmen nach Ostern eingestimmt werden, meint der deutsche Gesundheitminister:

Es gehe darum, öffentliches Leben in Zeiten der Epidemie wieder möglich zu machen. „Bis spätestens Ostern will ich darauf eine gute Antwort geben können“, sagte er der „Zeit“. Dabei müsse auch über neue Lösungswege nachgedacht werden.

Erfreulich. Ein Politiker, der sich nicht in der Rolle des Gebieters über den Ausnahmezustand sonnt, sondern öffentlich an die Zeit danach denkt.



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