Ibiza-Connection

29. 05. 2019

Auch wenn das Strache-Video die Europa-Wahlen vielleicht weniger beeinflusst hat als die einen erhofft und die anderen befürchtet haben: die Erschütterungen, die es ausgelöst hat, sind beträchtlich und keineswegs abgeebbt:

FPÖ

Strache hat bei den Europa-Wahlen über 42.000 Vorzugsstimmen erhalten. Man sollte es nicht für möglich halten, aber er spielt ernsthaft mit dem Gedanken, fugenlos ins Europäische Parlament zu wechseln.

Die FPÖ bringt er damit in die Bredouille. Lassen Straches Freunde zu, dass er dieses Mandat annimmt, wird die FPÖ nur mit 42.000 Wählern übereinstimmen, dass dies eine supertolle Entscheidung ist.

Bei den anstehenden Wahlen zum Nationalrat wird die FPÖ damit nicht punkten. Sie verprellt vermutlich potentielle Wähler, verspielt die Chance auf eine Regierungsbeteiligung und wird auf eine lange, wenig bedeutende Oppositionsrolle zurück geworfen.

ÖVP

Je nach dem, wie die FPÖ nun agiert, kommt sie als neuerlicher Regierungspartner für die Kurz-VP in Frage oder nicht.

Der Hinauswurf Kickls und der Bruch der Koalition ist offenbar auf Druck der "alten" VP geschehen. Sie hat damit ein kräftiges Lebenszeichen gegeben. Eine neuerliche GROKO ist wahrscheinlicher geworden. Eine SP-FP-Koalition hingegen ist auf absehbare Zeit undenkbar, sofern die SP noch ernst genommen werden will.

Welches Narrativ setzt sich durch?

Das Entsetzen und die Empörung über das Verhalten von Strache und Gudenus in den veröffentlichten Ausschnitten eines offenbar siebenstündigen Videos hat die Umstände, unter denen es zustande gekommen ist, zunächst überlagert.

Wird es den Auftraggebern des Videos und jenen, die es politisch benutzen, gelingen, diese Umstände auf Dauer als bedeutungslos im Vergleich zum Inhalt darzustellen?

Können sie die FPÖ und andere "Rechtspopulisten" damit auf lange Sicht politisch ächten und auf Distanz zu jeder Regierungstätigkeit halten?

Oder setzt sich eine Sichtweise durch, die den Inhalt nicht relativiert, aber die Motive, die Methode und die Instrumentalisierung dieses Videos als kriminell und politisch verwerflich beurteilt?

Was mich betrifft: ich halte zB den Zynismus und die Korruptionsbereitschaft des völlig nüchtern gefilmten ehemaligen VP-Innenministers Strasser für moralisch und politisch verwerflicher als das realitätsferne Bramarbasieren Straches unter dem Einfluss gezielt eingesetzter enthemmender Stoffe.

Wer steckt hinter dem Video?

Die Produzenten sind mittlerweile bekannt. Nähere Informationen und Hypothesen über Mitwisser / Auftraggeber / Finanziers werden nahezu stündlich vor allem von sehr gut recherchierenden Journalisten der EU-Infothek ins Netz gestellt.

Vielleicht kommt doch an den Tag, welche Kräfte aus der Unterwelt, aus einem oder mehreren Geheimdiensten, aus der Wirtschaft, aus der Politik und aus den Medien kooperiert haben, um eine mehrheitlich durchaus beliebte Regierung zu sprengen.



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