Recht und Politik |
27. 01. 2019 Einen Sturm der Empörung in sogenannten Leitmedien hat der Satz des Innenministers ausgelöst, dass das Recht der Politik folge und nicht umgekehrt. Dabei ging es dem Innenministern nach seinen Worten darum, dass bestimmte Aufenthaltstitel – im konkreten Fall der Status von Asylberechtigten oder Asylwerbern – bei Straftaten aberkannt werden können, ohne dass davor erst Morde, Vergewaltigungen oder andere schwere Straftaten passieren müssen, wie es jetzt der Fall ist [DER STANDARD] Dieses Ansinnen wurde als Angriff auf den Rechtsstaat, auf die Menschenrechte und überhaupt als faschistoides Rechts-Unverständnis verurteilt. Ich sehe die Sache so: Gesetze sind Menschenwerk. Außerhalb von Gesetzen gibt es kein Recht. Das "Recht des Stärkeren" ist kein Recht. Es ist die Abwesenheit von Recht. Gesetze sind trotz aller Bemühung um Präzision oft erstaunlich breit interpretierbar. Davon lebt seit eh und je der Berufsstand der Juristen. Gesetze sind veränderbar. In zivilisierten Ländern nach einem Regelwerk, das gesetzlich festgelegt ist. Dass das Recht der Politik folgt ist in Europa seit der "Politik" des Aristoteles eine banale Einsicht. Sie ist unumstritten unter allen Menschen, die sich nicht auf ein "göttliches" oder auf ein "Naturrecht" berufen oder eine dem Gesetz übergeordnete "Moral" postulieren.
Mit "Gott", der "Natur" und der "Moral" ist erfahrungsgemäß jede beliebige Tat zu rechtfertigen, vom Samaritertum bis zum Völkermord. Genau diese Willkür schließt das Gesetz aus, allerdings nicht absolut: entlang unterschiedlicher Interessen werden auch Gesetze unterschiedlich ausgelegt und bedürfen eines Richters, der das Gesetz "richtig" auslegt.
Umgekehrt wirkt das Recht auf die Politik meist nur im Binnenverhältnis zivilisierter Staaten: die Politik achtet bestehende Gesetze und hält bei Änderungen das gesetzlich vorgeschriebene Prozedere ein.
Bei einem gewaltsamen Umsturz oder nicht selten im Außenverhältnis zu anderen Staaten hingegen pfeift die Politik auf bestehendes Recht. Sie rechtfertigt sich mit der flexibleren "Moral" und setzt gewaltsam völlig neue Rechtstatbestände:
In der Ukraine wurde vor einigen Tagen der demokratisch gewählte Präsident, der durch einen Staatsstreich gestürzt wurde, in Abwesenheit als "Hochverräter" verurteilt.
In Venezuela hat sich ein Politiker selbst zum Präsidenten ernannt. Prompt haben ihn die USA und einige andere Länder als "rechtmäßigen" Präsidenten anerkannt. Die EU droht ebenfalls mit der Anerkennung des selbst ernannten Präsidenten, sollte der gewählte Präsident nicht innerhalb von acht Tagen Neuwahlen ankündigen.
Wie schamlos das Recht der Politik in der Ukraine gefolgt ist und wie schamlos auch das Recht in Venezuela der Politik der USA und der EU folgen soll - darüber habe ich Kritik, geschweige Empörung aus unseren famosen Leitmedien bisher nicht vernommen. |
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