Kavanaugh

29. 09. 2018

Ich habe die Aussage Frau Fords vor dem Ausschuss auf CNN verfolgt. Ihre Anschuldigungen gegen K. erscheinen nicht unglaubwürdig.

Für weniger glaubwürdig hingegen halte ich die Behauptung der Vielfliegerin, "Flugangst" habe sie gehindert, der Einladung nach Washington früher nachzukommen.

Nein: Umstand und Zeitpunkt der Anschuldigung sind offensichtlich kalkuliert. Dafür spricht auch das politische Engagement von Frau Ford für die Demokraten.

K. bestreitet die Behauptungen Frau Fords.

Falls sie dennoch zutreffen, bezieht sich sein authentisch wirkender Zorn freilich nicht auf den Umstand, dass er zu Unrecht beschuldigt wird, sondern dass eine jugendliche Untat 36 Jahre nach dem Geschehen hervorgekramt wird, um sein in Jahrzehnten erworbenes Renommee als Jurist und sein gesellschaftliches Ansehen von Grund auf zu zerstören.

Was immer auf einer Teenager-Party 1982 passiert ist, wer wirklich teilgenommen hat, mit welchen Erwartungshaltungen Teilnehmer und Teilnehmerinnen hin gegangen sind, wer wem was genau getan hat und was dabei allenfalls aus dem Ruder gelaufen ist - wir werden es nie erfahren. Es gibt lediglich widersprüchliche Aussagen auf Basis subjektiver Erinnerungen.

Evident hingegen ist: Kavanaugh, Ford, ihre politischen Befürworter und Gegner aber auch die US-amerikanische Öffentlichkeit erweisen sich als unfähig, mit weit zurück liegenden Verfehlungen, so sie passiert sind, anders als heuchlerisch umzugehen.

Allfälliges Fehlverhalten einzuräumen, Reue zu zeigen, eine Entschuldigung anzubieten und eine Entschuldigung anzunehmen ist in diesem heuchlerisch-puritanischen Klima offenbar unmöglich. Alle Beteiligten gehen mit hoch geschraubten moralischen Ansprüchen nur taktisch um.

Ein moralisches Schafott an Stelle einer fachlich bezogenen Anhörung des Kandidaten? Zählt das behauptete Fehlverhaltens eines Teenagers mehr als eine offenbar unangreifbare 36-jährige Lebensführung? Haben seine Gegner kein anderes Skelett in seinem Schrank gefunden, als diese Story?

Sein emotionaler Auftritt hat ihm mehr Spott als Respekt eingebracht. Dass er Bier überaus schätzt, hat erheiternde Parodien ausgelöst und auch den Anti-Alkoholiker Trump überrascht.

Die Heuchel-Show um ihn herum finde ich dennoch widerlich.



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